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Keine Schule. Kein Sportverein. Kein Büro. Keine Freunde.
Familienleben gestalten ohne gewohnten Alltag
Dr. Heike Saßmann, Medizinische Psychologie, MHH
Die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie stellen für Familien – zumal mit jüngeren Kindern – eine große Herausforderung dar. Plötzlich hocken alle Familienmitglieder den ganzen Tag aufeinander, äußere Strukturen und Betreuungsmöglichkeiten fallen weg und auch Ablenkung und Unterhaltung ist nur innerhalb der eigenen vier Wände möglich. Im Folgenden finden sich einige Anregungen, die Familien helfen können, diese ungewöhnliche Zeit zu gestalten, auch schöne Momente zu erleben und eine Eskalation von Konflikten zu verhindern.
1. Den Tag strukturieren
Routine und Struktur im Alltag geben Sicherheit. Durch die neue Situation fallen die meisten Strukturen weg (keine Schule, keine Kita…). Deshalb ist es wichtig, gerade jetzt die Tage gut zu strukturieren, um Kindern Orientierung und ein Gefühl von Sicherheit zu bieten. Gleichzeitig können damit mögliche Konflikte reduziert werden (wenn Fernsehen z. B. immer zur gleichen Tageszeit eingeplant ist, können Kinder lernen, dass es sinnlos ist, alle paar Minuten darum zu streiten). Ein geregelter Tagesablauf schafft Normalität.
Eltern können mit Ihren Kindern gemeinsam einen Tagesplan entwerfen und aufmalen oder aufschreiben. Folgende Punkte sind dabei wichtig:
- Planen Sie regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten ein
- Planen Sie gleichmäßige Schlaf- und Aufstehzeiten ein
- Planen Sie sowohl aktive Phasen ein als auch Ruhephasen ein
- Planen Sie Aufgaben für alle Familienmitglieder mit ein (Schule, Haushalt, Homeoffice)
- Seien Sie ein gutes Vorbild: Halten Sie sich selber an den Tagesplan! (z. B. an Mahlzeiten teilnehmen, zur geplanten Zeit aufstehen)
2. Aktivitäten
Nutzen Sie die gemeinsame Zeit für positive Aktivitäten. Überlegen Sie gemeinsam mit den Kindern für jeden Tag „etwas Schönes“ (z. B. ein Lieblingsspiel spielen, etwas Basteln, ein Lieblingsessen kochen/backen, ein „#Wir bleiben zuhause“-Plakat malen,…). Manchmal fällt einem spontan gar nichts ein, womit man sich beschäftigen könnte. Eltern können gemeinsam mit ihren Kindern eine Ideenkiste anlegen, in der Vorschläge aller Familienmitglieder gesammelt werden. Sie finden in den verschiedenen Medien derzeit viele Anregungen für häusliche Aktivitäten.
Achten Sie darauf, dass gerade bei jüngeren Kindern jeden Tag auch bewegungsreiche Aktivitäten dabei sind (z. B. Gymnastik machen nach YouTube Videos, Tanzen, Verstecken spielen, Toben…). Planen Sie sowohl gemeinsame Aktivitäten ein als auch Zeiten, in denen Sie als Eltern sich alleine entspannen können (z. B. alleine spazieren gehen, ein Buch lesen).
3. Kontakte
Soziale Kontakte sind wichtig und Freunde treffen macht glücklich. Wie können alle Familienmitglieder trotz der Beschränkungen soziale Kontakte aufrechthalten?
Überlegen Sie, wie die einzelnen Familienmitglieder ihre sozialen Kontakte trotz der Einschränkungen pflegen können. Kinder können z. B. einen Brief an die Großeltern schreiben oder ein Bild malen. Vielleicht auch den Nachbarn ein Bild malen, um sie von der häuslichen Isolation abzulenken?
Regen Sie Ihre Kinder zu Telefon- und Videoanrufen mit Freunden und Großeltern an. Mit jüngeren Kindern muss der Ablauf zunächst geübt werden, damit alles funktioniert. Danach können feste Telefontermine mit Freunden und Großeltern vereinbart werden. Das kann schon für sehr kleine Kinder spannend sein: Opa kann per Videoanruf vorlesen oder dem Freund können Legotürme gezeigt werden. Allein das gemeinsame Schimpfen über die vielen Schulaufgaben kann Kinder entlasten… Und regelmäßige (Video-)Anrufe geben Struktur und den Eltern zumindest ein kleines Zeitfenster.
Auch für sich selber sollten Eltern soziale Kontakte einplanen – und das nicht nur über WhatsApp-Nachrichten. Vielleicht „treffen“ Sie sich mit Freunden zum Videochat zu einer verabredeten Uhrzeit? Oder telefonieren mit anderen Eltern, um sich auszutauschen.
4. Information
Corona ist derzeit in aller Munde. Selbst jüngere Kinder bekommen oft viel mehr mit als Eltern lieb ist, und erleben manchmal diffuse Ängste. Sie können nicht verstehen, was genau ein Virus ist oder was im Körper bei einer Infektion passiert. Sie stellen sich einfache Zusammenhänge vor – und das kann Ängste auslösen (z. B. Wenn ich den Türgriff angefasst habe, habe ich Corona, dann bin ich tot.). Eltern sind vor die Aufgabe gestellt, ihren Kindern altersentsprechend die momentane Situation zu erklären und auf typische Fragen zu antworten (z. B. Wann kann ich mich wieder mit meinen Freunden treffen?).
Nehmen Sie die Ängste und Sorgen Ihrer Kinder ernst und seien Sie ein guter Zuhörer. Um sich selbst auf die Probe zu stellen, können sie während eines Gesprächs über die Sorgen Ihres Kindes seine/ihre Bedenken wiederholen. Zeigen Sie Verständnis für die Ängste Ihres Kindes, ohne zu dramatisieren (z. B. „Das ist wirklich schwierig, dass keiner genau weiß, wann du wieder Fußball spielen gehen kannst.“). Gute Quellen für kindgerechte Erklärungen in Bezug auf die Corona Pandemie sind z. B. Wissenssendungen für Kinder oder Kindernachrichten (z. B. werden unter folgendem Link vom wdr Fernsehen täglich Fragen rund um Corona beantwortet: www.wdrmaus.de/extras/mausthemen/corona/index.php5).
Seien Sie ein gutes Modell und zeigen Sie Ihrem Kind, dass sie die Situation so akzeptieren, wie sie ist (z. B. „Es ist manchmal langweilig nur zu Hause zu sein. Das geht mir auch so. Wir werden das Beste aus der Zeit machen.“) Fragen Sie Ihr Kind, was ihm jetzt im Augenblick helfen könnte (z. B. „Was genau könnte dich denn jetzt im Augenblick aufheitern? Was würdest du jetzt hier gerne machen?“)
5. Umgang mit Konflikten
In fast allen Familien gibt es zwischendurch Konflikte. Durch die derzeitigen Einschränkungen entsteht eine schwierige Situation (Rund um die Uhr zusammen sein, weniger Bewegung, weniger Aufgaben, …) da kann es sein, dass es häufiger zu Streitigkeiten kommt.
Klare Regeln und Tagesstrukturen können das Auftreten von Konflikten verringern. Es sollten einfache und wenige Regeln sein: z. B. Alle essen gemeinsam. Fernsehen ab 17:00 Uhr. Hausaufgaben von 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr. Wenn Mama mit ihrem Büro telefoniert, sprechen wir mit leiser Stimme.
Wichtig ist, dass sich alle Familienmitglieder an die Regeln halten!
Bei Konflikten rund um die Schulaufgaben können die zuständigen Lehrer mit einbezogen werden. Bitten Sie um Unterstützung der Kinder per Email oder Telefon oder auf anderem Wege. Vielleicht können auch Freunde oder Großeltern die Kinder telefonisch bei den Hausaufgaben unterstützen.
Bevor Konflikte eskalieren:
- Alle Beteiligten sollten sich zunächst getrennt voneinander beruhigen. So können Sie verhindern, dass Familienmitglieder sich anschreien oder Gewalt anwenden. Wenn Sie als Elternteil selber beteiligt sind, erklären Sie, dass Sie sich zunächst beruhigen möchten. Verlassen Sie den Raum. Gehen Sie spazieren oder in ein anderes Zimmer. Jüngere Kinder nicht alleine lassen, sondern andere Familienmitglieder mit der Betreuung beauftragen.
- Sprechen Sie miteinander, wenn beide Parteien sich beruhigt haben; jeder sollte beschreiben, worum es ihm/ihr geht und was er/sie sich wünscht
- Finden Sie einen gemeinsamen Ausweg aus der Situation, akzeptieren Sie Uneinigkeiten oder holen Sie sich Hilfe von Dritten
6. Hilfen
An wen können Familien sich wenden, wenn sie Unterstützung brauchen? Wenn Sie sich mit der aktuellen häuslichen Situation überfordert fühlen oder Konflikte nicht mehr ruhig lösen können, erhalten Familien z. B. unter folgenden Telefonnummern Beratung und Unterstützung:
- Telefonische Beratung für Eltern von Säuglingen und Kleinkindern der Stadt Hannover, Tel.: 0511 168-45346, Mo bis Do 9:00 -15:00 Uhr
- Telefon- und Onlineberatung der Stadt Hannover für Kinder, Jugendliche und Eltern, Tel.: 0511 168-49000, Mo bis Fr 13.00 bis 15.00 Uhr
- Nummer gegen Kummer für Kinder & Jugendliche: Tel.: 116111 (www.kinderschutz-niedersachsen.de)
- Elterntelefon: Tel.: 0800 1110550 (www.kinderschutz-niedersachsen.de)
- Kinderschutzambulanz der MHH: Tel.: 0511 532-5533
- Schulpsychologischer Dienst: Leitstelle Beratung und Unterstützung der Niedersächsischen Landesschulbehörde, Tel.: 0541 77046-333, Mo bis Do 9:00 bis 15:30 Uhr, Fr 9:00 bis 12:00 Uhr, Regionalabteilung Hannover: Gertrud.Plasse@nlschb.niedersachsen.de
Schulungsprogramm ModuS
Gewinner des MSD Gesundheitspreises in der Kategorie "Patientenorientierung"
Das Schulungsprogramm ModuS wurde wegen seines innovativen Ansatzes zur Stärkung von Familien mit chronisch kranken Kindern am 18.09.19 in München mit dem MSD Gesundheitspreis in der Kategorie "Patientenorientierung" ausgezeichnet. Das Projekt wird seit vielen Jahren von Frau Dr. Gundula Ernst aus der Medizinischen Psychologie der MHH koordiniert und federführend fortentwickelt. Der Preis ist mit 10.000 € dotiert.

Bürger-Büsing Forschungspreis 2019 für Frau Prof. Dr. K. Lange
Frau Prof. Dr. Karin Lange ist mit dem diesjährigen Forschungspreis der Heinz Bürger-Büsing-Stiftung zur Erforschung und Behandlung des Diabetes mellitus e. V. ausgezeichnet worden. Der Preis wurde ihr für die grundlegenden Arbeiten zur Entwicklung, Evaluation und Implementierung von Diabetesschulungs- und Behandlungsprogrammen für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern verliehen; weiterhin zur Erforschung psychologischer Veränderungen bei chronischen Erkrankungen. Ganz wesentlich ist ihr Anteil an der Weiterbildung von Diabetologen, Diabetesberatern und Fachpsychologen bei Fragen zum Diabetes und bei der Entwicklung und Verbesserung von internationalen Standards in diesen Gebieten.
Mit dem Forschungspreis werden jährlich herausragende Arbeiten von Diabetologinnen oder Diabetologen gewürdigt, deren / dessen Ziel es ist, die Behandlung und Lebensqualität von Menschen mit Diabetes zu verbessern.
Die Auszeichnung wurde am Samstag den 02.02.2019 im Rahmen der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Endokrinologie Rheinland-Pfalz e.V. (ADE) in Neustadt/Weinstraße verliehen.

PSYGIENE-Projekt
Die im PSYGIENE-Projekt erreichte erfolgreiche Vermeidung von Krankenhausinfektionen durch psychologische Förderung der Händehygiene-Compliance auf Intensivstationen lässt sich nunmehr nachlesen: von Lengerke T, Ebadi E, Schock B, Krauth C, Lange K, Stahmeyer JT, Chaberny IF. Impact of psychologically tailored hand hygiene interventions on nosocomial infections with multidrug-resistant organisms: results of the cluster-randomized controlled trial PSYGIENE. Antimicrob Resist Infect Control. 2019;8:56
Deutsche Gesellschaft für Transitionsmedizin
Auf dem 7. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Transitionsmedizin in Münster wurde Frau Dr. Gundula Ernst am 16.11.2018 zur Vorsitzenden gewählt.
ModuS - Transitionsprojekt
Auf dem 6. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Transitionsmedizin in München wurde Dr. Gundula Ernst am 18.11.2017 für das ModuS-Transitionsprojekt der mit 500 € dotierte Transitionspreis der Deutschen Gesellschaft für Transitionsmedizin DGfTM verliehen.
Die im Rahmen des o.g. Projektes entwickelte Internetseite rund um das Erwachsenwerden mit chronischer Krankheit www.between-kompas.de für chronisch kranke Jugendliche und ihre Eltern wurde von Mein AllergiePortal „als ein kluges digitales Gesprächsangebot“ für Jugendliche mit dem Digital Health Hero Award 2017 in der Kategorie "Services und Schulungen“ ausgezeichnet. Die Seite wird von Dr. Gundula Ernst im Namen des Kompetenznetzes Patientenschulung im Kindes- und Jugendalter (KomPaS) betrieben.
Kinder und Jugendliche mit Diabetes

Der Ratgeber für die handfeste Unterstützung von Kindern mit Diabetes bei der Bewältigung und Behandlung der Krankheit.
Ein Buch für Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes mit vielen praktischen Tipps und Hilfen, wie der Familienalltag mit Diabetes gut gestaltet werden kann.
In verständlicher Sprache führt dieser Ratgeber in die Behandlung des Diabetes ein und baut die Ängste von Eltern Schritt für Schritt ab, die besonders in den ersten Wochen nach der Diagnose aufkommen.
Weitere Informationen finden Sie hier
Spectrum - Schulungsset

Der Ratgeber für die handfeste Unterstützung von Kindern mit Diabetes bei der Bewältigung und Behandlung der Krankheit
Schulungs- und Behandlungsprogramm zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) für Menschen mit Typ-1-Diabetes
B.Gehr et. al.
Verlag Kirchheim
ISBN 978-3-87409-596-9
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