AG Montag

Ungleiche allelische Expression (von Zelle zu Zelle) als Pathomechanismus für Hypertrophe Kardiomyopathie
Forschungsschwerpunkt
Wir untersuchen die ungleiche Expression von Wildtyp- und mutiertem Allel in heterozygoten Patienten mit Hypertropher Kardiomyopathie als möglichen Pathomechanismus.
In vorangegangenen Arbeiten konnte in unserer Abteilung gezeigt werden, dass Kardiomyozyten eines Patienten bei der gleichen Calciumkonzentration stark unterschiedliche Kräfte generieren. Wir haben die Hypothese aufgestellt, dass diese funktionelle Variabilität zwischen benachbarten Kardiomyozyten das zelluläre Netzwerk des Myokards zerstört und dadurch zu typischen Merkmalen der HCM wie zelluläres und myofibrilläres Disarray, Hypertrophie und Fibrose führt („contractile imbalance“ Hypothese).
Ein besonderer Fokus unserer Arbeitsgruppe liegt auf der Untersuchung der molekularen Grundlage der „contractile imbalance“. Dazu analysieren wir die allelspezifische Expression in einzelnen Kardiomyozyten aus Gewebeschnitten von HCM-Patienten und herzgesunden Kontrollen und in humanen induzierten pluripotenten Stammzellen. Wir konnten zeigen, dass einzelne Kardiomyozyten stark unterschiedliche Anteile an mutierter zu Wildtyp-mRNA exprimieren. Darüber hinaus visualisieren wir aktive Transkriptionstellen in einzelnen Zellkernen, um zu überprüfen, ob eine stochastische und unabhängige Expression der Allele der ungleichen allelischen Expression von Zellen zu Zelle zugrunde liegt. Um eine longitudinale Analyse der contractile imbalance und der zugrundeliegenden Mechanismen zu erforschen und um mögliche therapeutische Ansätze zu testen, arbeiten wir darüber hinaus an der Generierung eines genomeditierten Schweins mittels CRISPR/Cas9 als Großtiermodell für HCM.
Ungleiche allelische Expression in heterozygoten Patienten als Pathomechanismus für Hypertrophe Kardiomyopathie
In vorangegangenen Arbeiten konnte in unserer Abteilung gezeigt werden, dass Kardiomyozyten eines Patienten bei der gleichen Calciumkonzentration stark unterschiedliche Kräfte generieren. Wir haben die Hypothese aufgestellt, dass diese funktionelle Variabilität zwischen benachbarten Kardiomyozyten das zelluläre Netzwerk des Myokards zerstört und dadurch zu typischen Merkmalen der HCM wie zelluläres und myofibrilläres Disarray, Hypertrophie und Fibrose führt („contractile imbalance“ Hypothese).
In unserer Arbeitsgruppe haben wir Evidenz gefunden, dass einzelne Kardiomyozyten stark unterschiedliche Anteile an mutierter zu Wildtyp-mRNA exprimieren. Dazu haben wir einzelne Kardiomyozyten aus gefrorenen Herzgewebeproben mittels Lasermikrodissektion isoliert und mit einer allelspezifischen Einzelzell-RT-PCR analysiert. Wir konnten für β-kardiales Myosin (MYH7) und kardiales Troponin I (TNNI3) eine ungleiche allelische Expression von Zelle zu Zelle zeigen, einige Zellen exprimieren fast ausschließlich Wildtyp-mRNA, andere fast ausschließlich mutierte mRNA und wiederum andere Zellen exprimieren unterschiedliche Anteile beider Allele. Derzeit werden diese Analysen auch für induzierte pluripotente Stammzellen ausgeweitet.
Burst-like Transkription von HCM-Genen
Unsere Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass die Allele HCM-assoziierter Gene sowohl in HCM-Patienten als auch in herzgesunden Donoren „burst-like“ exprimiert werden. Im aktivierten Zustand werden beide Allele zufällig und unabhängig voneinander an- und ausgeschaltet. Durch single molecule RNA-Fluoreszenz in situ Hybridisierung (smRNA-FISH) an Gewebeschnitten und in induzierten pluripotenten Stammzellen konnten wir zeigen, dass in Zellen der gleichen Probe sowohl Nuklei ohne aktive Transkription vorlagen als auch Nuklei mit aktiver Transkription in einem oder beiden Allelen. Dies weist auf eine Transkription in bursts hin.
Weiterführende Arbeiten in diesem Projekt zielen auf Zellkulturmodelle zur in vivo Visualisierung der aktiven Transkription der Allele und zur gezielten Modulation der bursts und zur spezifischen Visualisierung von Wildtyp und mutiertem Allel.
In einem ERA-CVD geförderten Projekt (SCALE) untersuchen wir außerdem an hPSC-CMs mit einer Mutation im MYH7-Gen mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierungen und RT-PCR, welchen Einfluss die allelische Imbalance auf die Genexpression nimmt und ob eine unterschiedliche Modifikation der Histone eine Rolle bei der Aktivierung der einzelnen Allele nehmen kann.
Genomeditiertes Schwein als Großtiermodell für Hypertrophe Kardiomyopathie
Für longitudinale Untersuchungen der Krankheitsentwicklung mit besonderem Fokus auf die Entwicklung der contractile imbalance und für die Testung möglicher therapeutischer Ansätze ist es unser Ziel, ein Großtiermodell für Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) zu entwickeln. Das Schwein hat eine dem Menschen sehr ähnliche Herzphysiologie und exprimiert ebenfalls hauptsächlich die b-MyHC Isoform im Herzen. Daher nutzen wir Designernukleasen (TALEN, CRISPR/Cas9), um gezielt HCM-Punktmutationen in das Genom von Schweinefibroblasten einzuführen. Diese Zellen werden dann eingesetzt, um genomeditierte Schweine zu klonen (in Kooperation mit dem Friedrich-Löffler-Institut, Mariensee). Wir haben bereits erfolgreich mit Hilfe von TALENs die Mutation R723G in das MYH7-Gen von Schweinen eingeführt. Die neonatalen genomeditierten Tiere zeigten milde Symptome von HCM, verstarben aber bereits innerhalb von 24 h nach der Geburt.
Derzeit nutzen wir das CRISPR/Cas9-System, um verschiedene HCM-Punktmutationen in Schweinefibroblasten einzuführen aus denen genomeditierte Schweine generiert werden sollen.
Ursachen der allelischen Imbalance auf Gewebeebene
Bei einer rein stochastischen (burst-like) Expression beider Allele eines Gens wäre im Mittel ein 50:50 Verhältnis der mRNA beider Allele zu erwarten. Wir konnten jedoch für mehrere HCM-Mutationen zeigen, dass die Patienten abweichende Verhältnisse der beiden Allele exprimieren, sowohl auf mRNA als auch auf Proteinebene. Interessanterweise war das Verhältnis von Wildtyp zu mutierter mRNA für die meisten Mutationen in mehreren Patienten vergleichbar. So exprimierten z.B. alle von uns untersuchten Patienten mit der Mutation R723G im MYH7-Gen im Mittel 68% R723G und 32% Wildtyp-mRNA. Daher müssen neben der Transkription in bursts Mechanismen existieren, die die Expression der Allele beeinflussen. Diese könnten zum einen die Transkriptionsrate als auch die Degradationsrate eines Allels verändern. Am Beispiel der Mutation R723G konnten wir zeigen, dass die Mutation die Struktur der mRNA verändert. Dies könnte zu einer erhöhten Transkriptionsrate oder einer erhöhten Stabilität der mRNA führen. Diese Hypothesen überprüfen wir derzeit in Zellkulturmodellen.
Allelische Imbalance als möglicher Pathomechanismus bei PLN-Kardiomyopathie
In einem weiteren Projekt werden wir untersuchen, ob die allelische Imbalance auch einen Einfluss auf die Pathologie der Kardiomyopathie in Patienten mit einer Deletionsmutation (R14del) im Phospholamban-Gen (PLN) nimmt. Patienten mit dieser Mutation weisen ein stark unterschiedliches Krankhietsbild auf, das von asymptomatisch bis zu schwerem Herzversagen reicht. Wir wollen untersuchen, ob diese Patienten eine unterschiedlich stark ausgeprägte allelische Imbalance aufweisen und ob eine verstärkte Expression des mutierten Allels mit einer stärkeren funktionellen Änderung assoziiert ist.
Einfluss von Adipositas und Altern auf Heterogenität zwischen Kardiomyozyten
In Kooperation mit PD Dr. Julia Schipke (Funktionelle und angewandte Anatomie, MHH) untersuchen wir den Einfluss von Altern und Adipositas auf Kardiomyozyten in einem Mausmodell. Hierbei liegt ein besonderer Fokus auf der Heterogenität zwischen einzelnen Kardiomyozyten als potentieller Mechanismus, der zu kardiovaskulären Erkrankungen im Alter und bei Adipositas führen kann.
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Kathrin Kowalski
Technische Mitarbeiter
Karina Schlosser
Sarah Menz
Qualifizierungsarbeiten
laufende Arbeiten
Dr. rer. nat.
Alina Disch
Dr. med. (StrucMed-Programm)
Felix Wilczak
Philemon Libertus
Benita Haß
Abgeschlossene Arbeiten
Doktorarbeiten Dr. rer. nat.
Kathrin Kowalski (Abschluss 2020)
Anne-Kathrin Mayer (Abschluss 2020)
Valentin Burkart (Abschluss 2022)
Doktorarbeiten
Dr. med.
Anna-Lena Weber (2019)
Pia Ernstberger (2020)
Bachelorarbeiten:
Maren Kestner (2012)
Stella Louise Reich (2015)
Anna Flögel (2016)
Max Gerlach (2017)
Ilario Kosoburd (2018)
Jirka Baustian (2018)
Dorina Lang (2019)
Andreas Tillmann (2021)
Franziska Herbig (2022)
2022
- Transcriptional bursts and heterogeneity among cardiomyocytes in hypertrophic cardiomyopathy, Valentin Burkart, Kathrin Kowalski, David Aldag-Niebling, Julia Beck, Dirk Alexander Frick, Tim Holler, Ante Radocaj, Birgit Piep, Andre Zeug, Denise Hilfiker-Kleiner, Cristobal G. dos Remedios, Jolanda van der Velden, Judith Montag and Theresia Kraft, Front. Cardiovasc. Med., August 2022, Sec. Cardiovascular Biologics and Regenerative Medicin, doi: 10.3389/fcvm.2022.987889
2021 Kraft T, Montag J. Einzelzell-Transkriptionsanalysen und Heterogenität von Kardiomyozyten. Deutsche Medizinische Wochenschrift. Juli 2021
2020
- Stochastic allelic expression as trigger for contractile imbalance in hypertrophic cardiomyopathy. Montag J, Kraft T. Biophysical Reviews. Biophys Rev. 2020 Aug; 12(4): 1055–1064, doi:10.1007/s12551-020-00719-z, PubMed
- Advanced Single-Cell Mapping Reveals that in hESC Cardiomyocytes Contraction Kinetics and Action Potential Are Independent of Myosin Isoform. Weber N*, Kowalski K*, Holler T, Radocaj A, Fischer F, Thiemann S, de la Roche J, Schwanke K, Piep B, Peschel N, Krumm U, Lingk A, Wendland M, Greten S, Schmitto JD, Ismail I, Warnecke G, Zywietz U, Chichkov B, Meißner J, Haverich A, Martin U, Brenner B, Zweigerdt R, Kraft T. Stem Cell Reports. 2020 May 12;14(5):788-802
- Hypertrophic cardiomyopathy MYH7-mutation R723G alters mRNA secondary structure. Rose J, Kraft T, Brenner B, Montag J. Physiol Genomics. 2020 Jan 1;52(1):15-19
2019
- Altered force generation and cell-to-cell contractile imbalance in hypertrophic cardiomyopathy; Kraft T, Montag J; Pflügers Arch: 471(5):719-733; 2019 May; doi: 10.1007/s00424-019-02260-9; Review
2018
- Efficient Knock-in of a Point Mutation in Porcine Fibroblasts Using the CRISPR/Cas9-GMNN Fusion Gene; Gerlach M, Kraft T, Brenner B, Petersen B, Niemann H, Montag J.. Genes (Basel):13;9(6); 2018 Jun; doi: 10.3390/genes906029
- Burst-like transcription of mutant and wildtype MYH7-alleles as possible origin of cell-to-cell contractile imbalance in hypertrophic cardiomyopathy; Montag J, Kowalski K, Makul M, Ernstberger P, Radocaj A, Beck J, Becker E, Tripathi S, Keyser B, Mühlfeld C, Wissel K, Pich A, van der Velden J, dos Remedios CG, Perrot A, Francino A, Navarro-López F, Brenner B, Kraft T; Front Physiol: 9:359. 2018 Apr; doi: 10.3389/fphys.2018.00359
- Successful knock-in of Hypertrophic Cardiomyopathy-mutation R723G into the MYH7 gene mimics HCM pathology in pigs; Montag J, Petersen B, Lucas-Hahn A, Becker E, Harries D, Niemeier H, Brenner B, Kraft T; Sci Rep: 8(1):4786; 2018 Mar; doi: 10.1038/s41598-018-22936-z
2017
- Intrinsic MYH7 expression regulation contributes to tissue level allelic imbalance in hypertrophic cardiomyopathy; Montag J, Syring M, Rose J, Weber AL, Ernstberger P, Mayer AK, Becker E, Keyser B, Dos Remedios C, Perrot A, van der Velden J, Francino A, Navarro-Lopez F, Ho CY, Brenner B, Kraft T; J Muscle Res Cell Motil: 38 (3-4):291-302; 2017 Aug; doi: 10.1007/s10974-017-9486-4.
2016
- Kraft T, Montag J, Radocaj A, Brenner B. Hypertrophic Cardiomyopathy: Cell-to-Cell Imbalance in Gene Expression and Contraction Force as Trigger for Disease Phenotype Development; Kraft T, Montag J, Radocaj A, Brenner B; Circ Res: 119(9):992-995; 2016 Oct; doi: 10.1161/CIRCRESAHA.116.309804
2014
- Familial hypertrophic cardiomyopathy: functional variance among individual cardiomyocytes as a trigger of FHC-phenotype development; Brenner B, Seebohm B, Tripathi S, Montag J, Kraft T; Front Physiol: 5:392; 2014 Oct; 10.3389/fphys.2014.00392
- Faster cross-bridge detachment and increased tension cost in human hypertrophic cardiomyopathy with the R403Q MYH7 mutation. Witjas-Paalberends ER, Ferrara C, Scellini B, Piroddi N, Montag J, Tesi C, . Stienen GJM, Michels M, Ho CY, Kraft T, Poggesi C,van der Velden J; J Physiol: 592(Pt 15):3257-72; 2014 Aug; doi: 10.1113/jphysiol.2014.274571
2013
- Familial Hypertrophic Cardiomyopathy: functional effects of myosin mutation R723G in cardiomyocytes; Kraft T, Paalberends ER, Boontje N, Tripathi S, Brandis A, Montag J, Francino A, Navarro-Lopez F, Brenner B, Stienen GJM, van der Velden J; J Mol Cell Cardiol: 57:13-22; 2013 Jan; doi: 10.1016/j.yjmcc.2013.01.001
2011
- Unequal allelic expression of wild-type and mutated beta-myosin in familial hypertrophic cardiomyopathy; Tripathi S, Schultz I, Becker E, Montag J, Borchert B, Francino A, Navarro-Lopez F, Perrot A, Özcelik C, Osterziel KJ, McKenna WJ, Brenner B, Kraft T; Basic Res Cardiol; 106(6):1041-55; 2011 Nov; doi: 10.1007/s00395-011-0205-9
* geteilter Beitrag
- Lasermikrodissektion
- (Einzelzell-) Reverse Transkriptase PCR (RT-PCR)
- single molecule RNA-Fluoreszenz in situ Hybridisierung (smRNA-FISH)
- Genomeditierung, knock-in einer Punktmutation (TALEN, CRISPR/Cas9)
- Zellkultur (HeLa, AC16)
- Großtiermodell
- Praktikum „Physiologie und physikalische Grundlagen der Medizin“ für Studierende der HM, ZM, Biologie
- Seminare „Physiologie und physikalische Grundlagen der Medizin“ für Studierende der HM
- Seminare mit praktischen Anteilen im Studiengang Hebammenwissenschaften
- Laborpraktika für Masterstudium Biomedizin