AG Molekulare Hämatologie und Onkologie

Arbeitsgruppenleitung

AG Leitung Michaela Scherr
Prof. Dr. Michaela Scherr (Molekulare Hämatologie)
AG Leitung Prof. Matthias Eder
Prof. Dr. Matthias Eder (Molekulare Onkologie)

Forschungsschwerpunkte

Der Einsatz molekular definierter Therapeutika kann die Behandlung von Leukämien dramatisch verbessern. So haben im Falle der BCR-ABL positiven chronischen myeloischen Leukämie (CML) spezifische Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) den Krankheitsverlauf und das Überleben der Patienten dramatisch verbessert. Im Gegensatz dazu sind die Ergebnisse einer TKI-Therapie in der BCR-ABL-positiven akuten lymphatischen Leukämie (ALL) deutlich unterlegen. Etwa 30% der erwachsenen Patienten mit ALL exprimieren BCR-ABL und definieren dadurch eine Höchstrisiko-Gruppe. Grundlage für den Erfolg der TKI-Therapie bei der CML war das Verständnis der molekularen Pathologie der Erkrankung, und das Verständnis krankheitsspezifischer molekularer Aberrationen bildet weiterhin die Grundlage für die Identifizierung neuer therapeutischer Zielstrukturen und die Entwicklung neuer Therapien.

Unser Labor erforscht molekulare Aberrationen in Leukämien mit dem Ziel, Therapieansätze zu verbessern oder neue zu entwickeln. Wir nutzen dazu Zellkultur- und Mausmodelle sowie viralen Gentransfer zur genetischen Manipulation hämatopoetischer Zellen. Dazu gehört die Überexpression von Genen und miRNAs ebenso wie die spezifische Inhibition der Genexpression durch RNA-Interferenz (RNAi). Daneben nutzen wir Methoden zur genom- und proteomweiten Analyse der Genexpression in Zusammenarbeit mit mehreren Arbeitsgruppen innerhalb und außerhalb der MHH. 

 

Identifizierung möglicher potentieller Zielstrukturen in Leukämiezellen

In bisherigen Arbeiten wurden gen-spezifische, synthetische siRNAs (transiente RNAi) sowie lentiviral-codierte shRNAs (stabile RNAi) in Zelllinien und primären hämatopoetischen Stamm- und Progenitorzellen von Normalpersonen und CML-Patienten zur funktionellen Genanalyse etabliert (Scherr et al., 2003a, 2003b, 2006). Wir konnten dabei STAT5 (Transkriptionsfaktor), SHP-2 (Protein-Tyrosinphosphatase) und Gab2 (Adaptorprotein) in CML-Zellen aufgrund einer Leukämie-spezifischen Inhibition des Zellwachstums als potentielle neue Zielstrukturen identifizieren (Scherr et al., 2005, 2006).

Anhand von Microarray-Analysen (miCHIPs) und miRNA-spezifischer qRT-PCR (miR-qRT-PCR) wurde das Expressionsmuster von miRNAs in Zelllinien und primären hämatopoetischen Stamm- und Progenitorzellen von CML-Patienten bestimmt (Venturini et al., 2007), wobei insbesondere das miR-17~92 Polycistron als differentiell reguliert gefunden wurde. Um die Funktion von miRNAs zu analysieren haben wir Expressionskassetten für die Überexpression und Inhibition individueller miRNAs (sog. AntagomiRs) in Zellkultursystemen etabliert (Scherr et al., 2007; Scherr et al., 2010).

Da miR-17~92 in primären CML Zellen verstärkt exprimiert wird, untersuchten wir in einem weiteren Projekt die Rolle des miR-17~92 Polycistrons in BCR-ABL positiver ALL.  Hierzu haben wir die miR-17~92 Expression in primären BCR-ABL-positiven und BCR-ABL-negativen lymphatischen ALL Zellen, sowie in primären normalen CD34+ Zellen mittels miR-qRT-PCR untersucht. Dabei zeigte sich überraschenderweise, (i) dass die miR~17-92-Expression in B-lineage ALL-Zellen, im Gegensatz zu BCR-ABL positiven myeloischen Zellen, vermindert ist (Scherr et al., 2014) und (ii) dass eine Überexpression von miR-17~92 in ALL-Zellen die Apoptose BCR-ABL-abhängig reguliert.

Zur Identifizierung miR-17~92-regulierter Zielgene führten wir in Kollaboration mit Prof. A. Pich (Abt. Toxikologie, MHH) SILAC/LC-MS-Experimente (Stable Isotope Labelling of Amino acids in Culture / Liquid Chromatography und Mass Spectroscopy) mit lymphatischen TonB Zellen, die stabil das miR~17-19b Polycistron exprimieren, durch. Dabei konnten wir mehrere Kandidatengene, die im Apoptose-Pathway eine Rolle spielen, inklusive Bcl2 identifizieren. Sowohl in murinen als auch in humanen Zellen konnten wir Bcl2 als direktes Target von miR-17~92 bestätigen. Weiterhin zeigte der knock-down von Bcl2, mittels Bcl2-spezifischer RNAi, eine BCR-ABL-abhängige Induktion der Apoptose. Weiterhin konnten wir zeigen, dass BCR-ABL positive ALL Zellen sensitiver auf pharmakologische BCL2 Inhibition mit ABT-737 ansprechen als BCR-ABL negative ALL Zellen.

Um die Effekte einer BCL2-Inhibition in klinisch relevanten Modellen zu untersuchen, wurden primäre BCR-ABL-positive ALL Zellen, lentiviral mit einem Vektor, der Luziferase exprimiert transduziert und in NSG- Mäusen transplantiert. Nach erfolgreichem Anwachsen der Leukämiezellen wurden die Mäuse mit dem BCL2-Inhibitor ABT-737  oder Kontrolle (DMSO) behandelt. Durch die Behandlung mit ABT-737 konnten wir eine hoch effiziente Reduktion der Luziferase-exprimierenden Leukämiezellen erzielen. Zusätzlich wird das Überleben der Mäuse durch ABT-737 Behandlung signifikant verlängert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Inhibierung von BCL2 eine mögliche Behandlungsstrategie für BCR-ABL-positive ALL in vivo ist.

In myeloischen Zellen konnten wir zeigen, dass die Überexpression von miR-125b die G-CSF induzierte Differenzierung in murinen 32D Zellen in vitro blockieren kann. In vivo führt die Transplantation von murinen miR-125b-überexprimierenden Knochenmarkszellen allerdings nach ca. 8 Wochen zu einem erhöhtem Wachstum myeloischer Zellen im Knochenmark. Mit Hilfe von bioinformatischen und experimentellen Analysen haben wir erstmals STAT3, c-Jun und JUND als miR-125b regulierte Zielgene in myeloischen Zellen identifizieren und BAK1 als Targetgen bestätigen können (Surdziel et al., 2011).