Die Sigmoidoskopie als evidenzbasiertes Screeningverfahren für Darmkrebs - eine mögliche Option? (SIGMO)

Projektleitung

PD Dr. Maren Dreier, MPH (Konsortialführung)
Prof. Dr. Christian Krauth

Wiss. Mitarbeiterinnen

Melanie Brinkmann, MSc
Kathrin Krüger, MPH
Kristina Schaubert, MSc

Projektförderer

Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses

Konsortialpartner

Dr. Jona Theodor Stahmeyer, AOK Niedersachsen

Kooperationspartner

Dr. Klaus Kraywinkel, Zentrum für Krebsregisterdaten, Robert-Koch Institut, Berlin
Prof. Dr. Ursula Seidler, Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Gastroenterologie
Dr. Gabriele Seidel, Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung

Laufzeit

01.03.2019 - 28.02.2023

Hintergrund und Ziele

In Deutschland können gesetzlich Versicherte zur Früherkennung von Darmkrebs zwischen dem immunologischen Stuhltest oder der Koloskopie wählen. Auf die in der aktuellen S3-Leitlinie bei Ablehnung der Koloskopie empfohlene Screening-Sigmoidoskopie haben gesetzlich Krankenversicherte bislang aufgrund fehlender Regelung durch die Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme keinen Anspruch. Für die Sigmoidoskopie, einem gegenüber der Koloskopie weniger aufwändigen und risikoärmeren Verfahren, zeigen Ergebnisse aus Meta-Analysen eine relative Risikoreduktion der Darmkrebs-Inzidenz um 18% (95%-KI 11-25%) und der Darmkrebs-Mortalität um 28% (20-35%).
Ziel dieser Studie war es zu analysieren

  1. welches Verfahren die Versicherten zur Früherkennung von Darmkrebs präferieren und
  2. welchen Effekt das zusätzliche Angebot der Sigmoidoskopie auf die Teilnahme an, die Effektivität und die Kosten-Effektivität der Darmkrebsfrüherkennung hätte.

Methoden

Zunächst wurden die Versichertenpräferenzen in einer schriftlichen Befragung u.a. mittels Discrete-Choice Experiment (DCE) erhoben. Zielpopulation waren 50-60-jährige Versicherte der AOK Niedersachsen mit und ohne Koloskopie-Erfahrung. DCE nutzen hypothetische Wahlszenarien (Choice-Sets), anhand derer die entscheidungsrelevanten Teilaspekte der Verfahren quantifiziert werden. Für die Generierung der DCE werden im Vorfeld systematische Literaturrecherchen, Fokusgruppen und Expertenbefragungen durchgeführt, um relevante Charakteristika (Attribute) und ihre Ausprägungen (Level) zu identifizieren und auszuwählen.
Im zweiten Projektabschnitt wurden mithilfe entscheidungsanalytischer Modelle die Auswirkungen eines zusätzlichen Angebots der Sigmoidoskopie zur Früherkennung von Darmkrebs auf die Teilnahme an den unterschiedlichen Verfahren, Nutzen (Lebensqualität, Lebensjahre) und Schaden (Komplikationen) auf Bevölkerungsebene sowie Kosteneffektivität (Kosten pro entdecktem Fall, Kosten pro qualitätsadjustiertem Lebensjahr) untersucht. In die Modelle flossen die Versichertenpräferenzen, lokalisationsbezogene epidemiologische Maßzahlen zu Darmkrebs aus Krebsregisterdaten, Daten zur Leistungsinanspruchnahme und weitere Parameter aus systematischen Literaturrecherchen zu Nutzen und Risiken der Verfahren ein.

Ausblick

Die Kombination von DCE und entscheidungsanalytischen Modellierungen zur Abschätzung der Effekte einer neuen Versorgungsform ist eine innovative und effiziente Methode. Die Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag zur Entscheidung, ob die evidenzbasierte Sigmoidoskopie zusätzlich in das zukünftige Darmkrebsfrüherkennungsprogramm aufgenommen werden sollte.

 

Publikationen

  1. Brinkmann M, Diedrich L, Krauth C, Robra B-P, Stahmeyer JT, Dreier M. General populations' preferences for colorectal cancer screening: rationale and protocol for the discrete choice experiment in the SIGMO study. BMJ Open. 2021. doi: 10.1136/bmjopen-2020-042399 (https://bmjopen.bmj.com/content/11/1/e042399.info)
  2. Diedrich L, Brinkmann M, Dreier M, Schramm W, Krauth C. Additional offer of sig-moidoscopy in colorectal cancer screening – rationale and protocol of the decision-analytic modelling approach in the SIGMO study. BMJ Open. 2022. doi:10.1136/bmjopen-2021-050698 (https://bmjopen.bmj.com/content/12/1/e050698.long)
  3. Brinkmann M, Holt I von, Diedrich L, Krauth C, Seidel G, Dreier M. Attributes characterizing colorectal cancer screening tests that influence preferences of individuals eligible for screening in Germany: a qualitative study. Patient Prefer Adherence. 2022. doi: 10.2147/PPA.S365429 (https://www.dovepress.com/attributes-characterizing-colorectal-cancer-screening-tests-that-influ-peer-reviewed-fulltext-article-PPA)
  4. Brinkmann M, Fricke LM, Diedrich L, Robra B-P, Krauth C, Dreier M. Attributes in stated preference elicitation studies on colorectal cancer screening and their relative importance for decision-making among screenees: a systematic review. Health Economics Review. 2022. doi: 10.1186/s13561-022-00394-8 (https://healtheconomicsreview.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13561-022-00394-8)
  5. Brinkmann M, Diedrich L, Hemmerling M, Krauth C, Robra B-P, Stahmeyer JT, Dreier M. Heterogeneous preferences for colorectal cancer screening in Germany: results of a discrete choice experiment. Value Health. 2022. doi:10.1016/j.jval.2022.07.012 (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1098301522021088?via%3Dihub)
  6. Diedrich L, Brinkmann M, Dreier M, Rossol S, Schramm W, Krauth C. Is there a place for sigmoidoscopy in colorectal cancer screening? A systematic review and critical appraisal of cost-effectiveness models. PLoS One. 2023 Aug 18;18(8):e0290353. doi: 10.1371/journal.pone.0290353
    (https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0290353)
  7. Gemeinsamer Bundesausschuss. Innovationsausschuss. Ergebnisbericht. SIGMO – Die Sigmoidoskopie als evidenzbasiertes Screeningverfahren für Darmkrebs – eine mögliche Option? - G-BA Innovationsfonds. Ergebnisbericht gemäß Nr. 14.1 ANBest-IF (letzter Zugriff 25.6.2025)
  8. Dreier M, Brinkmann M, Stahmeyer JT, Hemmerling M, Krauth C, Walter U: Intended and actual participation in the colorectal cancer screening program — a prospective cohort study with AOK insurees. Dtsch Arztebl Int 2024; 121: 497–504. DOI: 10.3238/arztebl.m2024.008.