Forschung

Lebererkrankungen früh erkennen statt spät behandeln

MHH-Präsident entwickelt mit Europäischer Leberkommission Empfehlungen zur Verbesserung der Lebergesundheit

Portraitfoto von Professor Dr. Micheal P. Manns

Professor Dr. Michael P. Manns, Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover und Co-Vorsitzender der Europäischen Leberkommission; Copyright: Karin Kaiser / MHH

Stand: 02. Dezember 2021

Jedes Jahr sterben in Europa fast 300.000 Menschen vorzeitig aufgrund von Lebererkrankungen. Neben Virusinfektionen, genetischen und autoimmunen Lebererkrankungen gehören vor allem Fettleibigkeit und Alkoholkonsum zu den Risikofaktoren. Anstatt sich auf die Behandlung von Lebererkrankungen im Endstadium zu konzentrieren, möchte die Europäische Lebergesellschaft (European Association for the Study of the Liver, EASL) den Fokus auf die Vermeidung und Früherkennung verlegen. Drei Jahre lang hat die EASL-Lancet-Liver Commission die Situation in Europa analysiert. Heute stellt das Expertengremium seine Ergebnisse in Brüssel vor. „Die Gesundheit der Menschen in Europa hängt davon ab, dass wir künftig Lebererkrankungen früher erkennen, behandeln oder durch vorbeugendes Handeln ganz verhindern“, betont Professor Dr. Michael P. Manns, Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der die Leberkommission als Co-Vorsitzender geleitet hat. Der Bericht erscheint zeitgleich in The Lancet, der bedeutendsten Medizinischen Fachzeitschrift Europas.

Werbeverbot für Alkohol gefordert

In Europa haben chronische Lebererkrankungen erhebliche Auswirkungen auf junge und mittelalte Menschen in ihren besten Arbeitsjahren, wobei das höchste Sterbealter zwischen Ende 40 und Anfang 50 Jahren liegt. Dies steht im Gegensatz zur Sterblichkeit durch Rauchen und andere Krankheiten, die mit Fettleibigkeit zusammenhängen – etwa Lungenkrebs oder Typ-2-Diabetes. Zu den Empfehlungen an Medizin und Politik gehört unter anderem ein Werbeverbot in sozialen und digitalen Medien für Alkohol sowie extrem fett- und zuckerhaltige Lebensmittel, die sich an Kinder richten. Außerdem soll das medizinische Personal stärker für Lebererkrankungen sensibilisiert werden und finanzielle Anreize für die Erstversorgung erhalten. „In den meisten Fällen können Lebererkrankungen verhindert werden“, betonte Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, in ihrem Grußwort an die EASL Lancet Liver Commission. „Prävention ist das beste Heilmittel, das wir haben.“

Vorbeugung und Behandlung auch bei Hepatitis möglich

Das gilt nicht nur für Lebererkrankungen aufgrund einer ungesunden Lebensweise. Auch Leberentzündungen, die durch Infektionen mit Hepatitis-Viren hervorgerufen werden, müssen nicht zwangsläufig zu Lebervernarbungen (Leberfibrose) oder dem Schrumpfen des Organs (Leberzirrhose) führen. „Die Vorbeugung und Behandlung der meisten Leberkrankheiten ist heute dank bedeutender Errungenschaften der modernen Medizin möglich“, sagt Professor Manns. So sei der Hepatitis-B-Impfstoff das erste Vakzin, das nachweislich Krebs vorbeuge. Zudem sei Dank wirksamer Medikamente gegen Hepatitis-C-Virusinfektionen innerhalb von 25 Jahren nach Entdeckung des Erregers die Erkrankung bei fast allen Patienten heilbar geworden. „Wir müssen aber den Zugang zur Behandlung für alle Europäer gewährleisten“, fordert der Leberexperte.

Die Europäische Lebergesellschaft EASL wurde 1966 gegründet. Inzwischen ist die gemeinnützige Organisation auf mehr als 4.500 Mitglieder aus der ganzen Welt angewachsen, darunter viele der renommiertesten Hepatologinnen und Hepatologen in Europa und darüber hinaus. Die EASL ist die führende Lebervereinigung in Europa und fördert unter anderem die Forschung im Bereich der Lebererkrankungen.

 

SERVICE:

Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Michael P. Manns, manns.michael@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-6001.

Die Originalarbeit “The EASL–Lancet Liver Commission: protecting the next generation of Europeans against liver disease complications and premature mortality“ finden Sie hier.