Neue Behandlungspfade in der Thoraxchirurgie: Wie sicher sind Operationen an der Lunge in Zeiten der Pandemie?

Im Rahmen der aktuellen COVID19-Pandemie erfasst die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) seit dem 20.04.2020 strukturiert im Rahmen eines Registers gemeinsam mit dem Robert Koch-Institut (RKI) die im Bundesgebiet verfügbaren Intensivkapazitäten. Bei insgesamt etwa 28.000 verfügbaren Low-Care, 25.500 High-Care und 750 ECMO-Plätzen zeigt sich, dass vorhandene Intensivkapazitäten immer mehr zum Nadelöhr der Patientenversorgung werden. Gepaart mit einem eindrücklichen Mangel an Intensivpflegekräften – Prof. Jannsens, Präsident der DIVI spricht aktuell von 3.500 - 4.000 fehlenden Fachkräften – kommt es zunehmend zur Verschiebung auch länger geplanter Operationen. Entscheidend vor diesem Hintergrund sind das Hinterfragen alter Dogmen und der Aufbau moderner, interdisziplinärer und interprofessioneller Konzepte. Thoraxchirurgisch konnten wir in den vergangenen 4 Jahren wegweisende neue Behandlungspfade aufbauen, die im Wesentlichen auf 3 Säulen ruhen:

  • Zum einen werden alle Patienten präoperativ von einem erfahrenen Facharzt gesehen, so dass lediglich vollständig diagnostizierte Patienten überhaupt aufgenommen werden, für die ein umfänglicher individueller Behandlungspfad von der Aufnahme über die Operation bis hin zur Entlassung und späteren Weiterbehandlung entwickelt wurde.
  • Zum zweiten erfolgen die Eingriffe auch nach vorausgegangener Chemotherapie und / oder Bestrahlung zu >85% in minimalinvasiver Technik, wobei  bereits intraoperativ auf die Anlage zentralvenöser Katheter, arterieller Blutdruckmessung und auch Blasenverweilkatheter verzichtet wird, damit die Patienten nach dem Eingriff ohne Aufenthalt auf der Intensivstation noch am Operationstag adäquat mobilisiert werden können.
  • Zum Dritten erfolgt gemeinsam mit der Klinik für Anästhesiologie eine eng abgestimmte Schmerzbehandlung, so dass Frühmobilisation und die Vermeidung postoperativer Komplikationen durch unzureichende Aktivität gezielt vermieden werden.

In Summe sind wesentliche Merkmale moderner und komplexer ERAS (Enhanced Recovery After Surgery)-Programme schon heute etabliert, und zukunftsweisende Behandlungskonzepte wie komplexe Lungenchirurgie unter Spontanatmung mit intraoperativer Nozizeptionsmessung unter gezielter Virtual-Reality-Abschirmung gang und gebe.