Laufende Dissertationen

Institut für Ethik, Geschichte und Philosophie der Medizin

 

Promovend

Justin Schütte

 

Arbeitstitel der Dissertation

Homosexualität in Deutschland 1960 – 1985. Ein Paradigmenwechsel in Medizin und Gesellschaft

 

Abstract

Zielsetzung der Arbeit ist die Darstellung des Paradigmenwechsels der Sichtweise auf Homosexualität aus medizinisch-ärztlicher und gesellschaftlicher Perspektive in Deutschland. Ausgehend von der juristischen Situation im Jahr 1960, deren Wurzeln im Nationalsozialismus liegen, beginnt hier der Untersuchungszeitraum und endet 1985.

Homosexualität bei Männern stand seit 1969 in der Bundesrepublik zwar nicht mehr unter Strafe, galt nach der internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD) jedoch weiterhin als Krankheit. So erfolgten von ärztlicher und therapeutischer Seite fortlaufend Versuche einer sexuellen Umerziehung mit radikalen und entwürdigenden Methoden, ohne günstige Prognose. Außerdem dauerte die gesellschaftliche Stigmatisierung Homosexueller an.

Mittels der Analyse von Fachzeitschriften, zeitgenössischen Ratgebern und mit Archivquellen, durch Interviews mit betroffenen Personen und Recherche von Sekundärliteratur soll diese Arbeit gleich mehrere Aspekte beleuchten. Dazu zählen im Fokus die Fragen nach dem Grund und dem Beginn der Pathologisierung von Homosexualität, den durchgeführten medizinischen Maßnahmen, dem beginnenden Sinneswandel im Rahmen des politischen Umbruchs der 1960er Jahre sowie den Schritten hin zur Streichung von Homosexualität aus dem ICD-Katalog.

Ärztinnen und Ärzte besaßen in allen Zeitabschnitten Einfluss auf die Betroffenen. Ihnen wurde von der Gesellschaft ein wesentlicher Teil der Deutungshoheit über Norm und Devianz von Sexualverhalten zuerkannt.  Untersucht werden sollen die unterschiedlichen Haltungen von Ärztinnen und Ärzten im Umgang mit dieser Thematik. Viele teilten die Auffassung, dass Homosexualität krankhaft sei, andere hingegen setzen sich sogar über die Einordnung des ICD hinweg.

Die bereits genannten Quellen geben Auskunft über die Ansichten und Veränderungen. Diesen Meinungswandel zu dokumentieren und zu analysieren soll Bestandteil der Arbeit werden. Mit dieser Arbeit möchte ich einen wissenschaftlichen Beitrag zur Klärung der gesellschaftlichen Veränderung der Sichtweise von Homosexualität leisten. Aufgrund welcher gesellschaftlichen und naturwissenschaftlichen Entwicklung erfolgte die schrittweise Entstigmatisierung und welchen Anteil hatten Ärztinnen und Ärzte daran?