01.04.2005
MHH besetzt Lehrstuhl für Neurochirurgie
Pressemitteilung von Dr. Arnd Schweitzer, Stabsstelle Kommunikation, MHH
Professor Dr. med. Joachim K. Krauss leitet ab 1. April die Abteilung Neurochirurgie
Nach längerer Vakanz kann die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) den Lehrstuhl für Neurochirurgie wieder besetzen: Am Freitag, 1. April 2005, wechselt Professor Dr. med. Joachim K. Krauss von der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg an die MHH und leitet künftig die Neurochirurgische Klinik der Hochschule. Nach der Emeritierung von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Madjid Samii Ende September 2002 blieb der Lehrstuhl zunächst unbesetzt. Professor Dr. Matthias Zumkeller leitete die MHH-Abteilung seitdem kommissarisch mit großem Erfolg. Das MHH-Präsidium freut sich, dass der Lehrstuhl nun endlich hochkarätig und international renommiert besetzt werden kann. "Damit sind auch alle Pläne gescheitert, die Neurochirurgie der MHH auseinander zu dividieren und einen Teil der Betten in das International Neuroscience Institute (INI) zu verlegen", sagt Dr. Andreas Tecklenburg, MHH-Präsidiumsmitglied für Krankenversorgung.
Zum Lebenslauf von Professor Krauss
Joachim K. Krauss wurde 1957 in Kehl geboren. Sein Studium der Humanmedizin absolvierte er 1977 bis 1985 an der Universität Freiburg. Die Promotion erlangte er mit "magna cum laude" in der Neuropharmakologie zum Thema "Die Modulation der Freisetzung des potentiellen Neurotransmitters Cholecystokinin aus dem Caudatoputamen der Ratte". Seine Stationen als Arzt: Neurologische Klinik Elzach (1985 bis 1987), Abteilung Stereotaxie und Neuronuklearmedizin sowie Abteilung für Allgemeine Neurochirurgie, Universität Freiburg (1988 bis 1993). Dr. Krauss erwarb den Facharzt für Neurochirurgie, war von 1993 bis 1995 als Oberarzt in der Abteilung Allgemeine Neurochirurgie in Freiburg tätig und erhielt im Juni 1995 die Venia legendi. Seine Habilitationsschrift: "Zur Pathophysiologie und Diagnostik des Normaldruck-Hydrocephalus". In den folgenden zwei Jahren arbeitete er als "Assistant Professor" im Department of Neurosurgery am Baylor College of Medicine, Houston, USA. Anschließend übernahm er im Inselspital, Universitätsklinikum Bern, Schweiz, die Stelle als Leitender Oberarzt und Leiter der Funktionellen Neurochirurgie der Neurochirurgischen Abteilung. Ab 1999 war er stellvertretender Klinikdirektor an der Neurochirurgischen Universitätsklinik im Klinikum Mannheim, wurde im Juni 2001 an der Universität Heidelberg zum Außerplanmäßigen Professor ernannt.
Professor Krauss ist Mitglied in zahlreichen medizinischen Gesellschaften, Kommissionen und ärztlichen Beiräten, unter anderem zunächst als Direktor und jetzt als Vizepräsident der World Society of Stereotactic and Functional Neurosurgery (seit 2004) sowie Erster Sekretär der European Society of Stereotactic and Functional Neurosurgery (seit 2002). Zudem ist er Mitglied im Exekutiv-Kommitee der European Dystonia Research Group (seit 2003). Neben dem Facharzt für Neurochirurgie erwarb Professor Krauss den Facharzt für Neurologie und mehrere Zusatzbezeichnungen: Sportmedizin, Rehabilitationswesen, spezielle Neurochirurgische Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie.
Professor Krauss hat mehrere Preise für seine bisherige Arbeit erhalten: 1997 den Förderpreis der Deutschen Gesellschaft für Neurotraumatologie und Klinische Neuropsychologie, im Jahr 2002 den Oppenheim-Preis der Deutschen Dystonie-Gesellschaft. Er ist Autor einer Vielzahl von wissenschaftlichen Arbeiten, die in renommierten medizinischen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Außerdem ist er Herausgeber von drei Monographien, die verschiedene Aspekte der funktionellen Neurochirurgie behandeln.
Seine klinischen Schwerpunkte
Mit seinem Team wird Professor Krauss das gesamte Spektrum der modernen Neurochirurgie abdecken, einschließlich der Tumorbehandlung des Nervensystems (Neuroonkologie). Besondere Schwerpunkte werden die funktionelle Neurochirurgie und die Wirbelsäulenchirurgie sein. In der funktionellen Neurochirurgie moduliert Professor Krauss die Gehirnaktivität - ein Beispiel ist die tiefe Hirnstimulation mit einem so genannten Hirnschrittmacher bei der Parkinson-Krankheit. Bei der Einführung dieser Technik zur Behandlung der Dystonie hatte Professor Krauss Pionierarbeit geleistet. Bei einem Schiefhals, der häufigsten Form der Dystonie, lassen sich bestimmte Muskeln auch direkt ausschalten, um die Symptome zu mindern. In der Schmerztherapie setzt Professor Krauss ebenfalls die Stimulation von Nervenstrukturen ein, um Patienten mit sonst nicht behandelbaren Schmerzzuständen zu helfen. Um die Trigeminus-Neuralgie und andere Hirnnervenstörungen zu behandeln, wird die so genannte mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta eingesetzt. Für die Wirbelsäulenchirurgie hat Professor Krauss ein umfassendes Behandlungsschema entwickelt mit einem auf den individuellen Patienten zugeschnittenen Konzept: Das Spektrum umfasst einfache Injektionstechniken, Entlastungen und komplexe Stabilisierungen bis hin zu aufwendigen spinalen Rekonstruktionen. Und in der Schädelbasis-Chirurgie wird Professor Krauss sein Know-how in das bereits bestehende interdisziplinäre MHH-Netzwerk mit einbringen.
Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte
Professor Krauss plant in Hannover klinische Studien für neue Wirbelsäulen-Implantate, die besser verträglich als die bisherigen sein sollen. Ein weiterer Schwerpunkt: die Ursachen des Wasserkopfes (Hydrocephalus) bei Erwachsenen zu erforschen. "Die klinische Forschung zum Wohl der Patienten findet auch unmittelbare Anwendung in der funktionellen Neurochirurgie", sagt Professor Krauss. In der Grundlagenforschung möchte er mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Krankheitsmechanismen von Bewegungsstörungen weiter aufdecken. Hier arbeitet er seit längerem mit amerikanischen und englischen Wissenschaftlern zusammen.