Zentrale Verarbeitung von Hörinformation

Wir interessieren uns für die Verarbeitung auditorischer Information in den Funktionsschleifen frontaler Gehirnregionen und wie diese mit der zentralen Hörbahn zusammenwirken. Ableitungen bei Patienten mit implantierten Elektroden zur tiefen Hirnstimulation zeigten, dass Informationen während eines auditorischen Oddball-Paradigmas und eines Sprachverarbeitungsparadigmas bereits in subkortikalen Hirnarealen verarbeitet werden. Verhaltensrelevante Signale werden von dort an übergeordnete kortikale Regionen weitergeleitet. Da bei Patienten neuronale Aktivität über implantierte Elektroden nur in medizinisch festgelegten Hirnregionen aufgezeichnet werden kann, haben wir ein auditorisches Oddball-Paradigma bei Ratten etabliert. Dieses umfasst einen Zielton, einen Distraktorton und einen Standardton unterschiedlicher Frequenzen. Die dabei gewonnenen neuronalen Daten zeigen, dass die evozierten Potenziale denen der Patienten vergleichbar sind. Derzeit nutzen wir das Oddball-Paradigma in einem Verhaltensansatz, um die optimale Stimulationsstrategie für zentrale Hörimplantate zu ermitteln.

Schwerhörigkeit oder Hörverlust bei Erwachsenen gilt als Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz. Bislang ist jedoch unklar, ob dies auf einen sozialen Rückzug der Patienten oder auf eine durch den Hörverlust ausgelöste Veränderung neuronaler Netzwerke mit daraus resultierenden kognitiven Beeinträchtigungen zurückzuführen ist. Um diese Frage unabhängig von der eigentlichen Sprachfähigkeit zu untersuchen, interessieren wir uns für mögliche Veränderungen des Verhaltens und der neuronalen Aktivität nach Hörverlust bei Ratten. Erste Untersuchungen zeigen bei ertaubten erwachsenen Ratten langfristige Lern- und Gedächtnisdefizite sowie verminderte soziale Interaktionen. Da aufgrund der fortschreitenden Vernetzung des reifenden Gehirns Schädigungen in frühen Entwicklungsphasen nicht nur zu lokalen Störungen, sondern auch zu Fehlbildungen neuronaler Schaltkreise führen, die mit Verhaltensdefiziten und sogar neuropsychiatrischen Störungen verbunden sein können, ist ein weiterer Ansatz die Untersuchung von Verhalten und neuronaler Aktivität nach Hörverlust bei juvenilen Ratten.