Nachwuchsförderung in der klinischen Forschung
Das Promotionskolleg KlinStrucMed an der MHH bietet besonders motivierten und engagierten Medizinstudierenden eine bundesweit einzigartige Chance: Sie können sich nach dem dritten Studienjahr ein Jahr lang auf die Anfertigung ihrer Doktorarbeit zu einem Thema aus der klinischen Forschung konzentrieren und werden in dieser Zeit nicht nur fachlich umfassend betreut, sondern erhalten auch ein monatliches Stipendium in Höhe von 800 Euro. Bisher wurde das 2015 initiierte Programm maßgeblich von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) finanziert. Die Förderung durch die EKFS läuft nach insgesamt sechs erfolgreichen Jahren aus. Der kommende Jahrgang, der 10 Stipendiatinnen und Stipendiaten umfasst, ist inzwischen finanziell gesichert, aber für die Fortführung ist das Programm auch weiterhin auf Spenden und andere Fördermittel angewiesen.
Weitere 10.000 Euro für KlinStrucMed
27. Januar 2022
Die Förderstiftung MHH plus hat im Sommer 2021 nochmals 10.000 Euro für das KlinStrucMed-Programm bereitgestellt. Finanziert wird daraus das Stipendium für Doktorandin Nadine Zehrfeld. Sie untersucht in der Klinik für Rheumatologie und Immunologie seit einigen Monaten, ob Patientinnen und Patienten mit dem so genannten Sjögren-Syndrom ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko haben, also ein höheres Risiko, z.B. einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Wir treffen drei Monate nach Beginn des Promotionskollegs eine rundum begeisterte Kollegiatin, die inzwischen routiniert Patientinnen und Patienten empfängt, befragt und untersucht. Wie diese Untersuchungen ablaufen und welche Ergebnisse sich Frau Zehrfeld erhofft, haben wir Ihnen in einem FAQ zu ihrem Promotionsprojekt zusammengestellt.
„Ich muss zugeben, dass ein Thema aus der Rheumatologie auf dem Papier nicht meine erste Wahl war, denn eigentlich möchte ich Chirurgin werden, seit ich denken kann“, räumt Nadine Zehrfeld gleich zu Beginn des Gespräches ein. „Aber das Engagement und der Enthusiasmus der beiden Projektleiterinnen haben mich sofort begeistert. Außerdem war mir der unmittelbare Nutzen für die Patienten wichtig, denn ich möchte nicht einfach forschen um des Forschens willen.“ Die beiden Projektleiterinnen, das sind Privatdozentin Dr. med. Diana Ernst aus der Klinik für Rheumatologie und Immunologie, und Dr. med. Kristina Sonnenschein aus der Klinik für Kardiologie & Angiologie. „Sie leisten wirklich exzellente Betreuung auf Augenhöhe. Wir tauschen uns regelmäßig aus und ich bekomme immer Hilfestellung, wenn ich sie brauche. Aber ansonsten kann ich total selbständig arbeiten, das ist ein tolles Gefühl“, erzählt Nadine Zehrfeld.
Ganz hat sich die KlinStrucMed-Stipendiatin noch nicht von einer Zukunft als Chirurgin verabschiedet, aber die Weichen sind zumindest nicht mehr ganz so eindeutig gestellt wie vor dem Stipendium. Wie auch immer sie sich entscheidet, wir wünschen Frau Zehrfeld in jedem Fall alles Gute!
Förderstiftung MHH plus unterstützt KlinStrucMed mit 50.000 Euro
2. Juni 2021
Damit der wissenschaftliche Nachwuchs in der klinischen Forschung auch künftig gefördert werden kann, leistet die Förderstiftung MHH plus einen Beitrag zur finanziellen Ausstattung des Programms. „Wir sind sehr dankbar für die finanzielle Unterstützung durch die Stiftung“, sagt Dr. Anna Stepczynska-Bachmann, Programm-Managerin des KlinStrucMed Programms. Die Mittel stammen aus den Aktivitäten zum Förderschwerpunkt Krebsmedizin und fließen in drei Forschungsprojekte mit onkologischer Fragestellung. Die drei Stipendiatinnen, die in diesen Projekten promovieren werden, heißen Anja Tiede, Emily Narten und Laura Christin Kusche.
Das Herz von Anja Tiede (23), die ab Sommer 2021 zur Behandlung von Leberzirrhose forschen wird, schlägt schon länger für die Innere Medizin. Jetzt in diesem Bereich und unter optimalen Bedingungen promovieren zu können, ist für sie ein Volltreffer. Ausschlaggebend für ihre Bewerbung beim KlinStrucMed-Programm waren der enge Patientenkontakt und die engmaschige Begleitung bei dem Einstieg in die klinische Forschung. Spricht sie über ihr Promotionsthema, wird schnell deutlich, dass sie schon jetzt Feuer und Flamme ist. Welche Fragestellungen sie im Einzelnen antreiben, finden Sie unten im Überblick der Promotionsprojekte.
Auch Emily Narten (21) liebäugelt eigentlich mit einer beruflichen Laufbahn als Internistin. Das könnte sich jedoch noch ändern, denn anders als Anja Tiede hat sie für ihre Doktorarbeit eine Fragestellung aus der Neurologie gewählt. "Nachdem wir den Platz im Kolleg erhalten haben, kam die sogenannte Matchingphase, in der die jeweiligen Dozierenden die Themen vorstellen, zu denen man bei ihnen arbeiten kann. Auch wenn es viele spannende und eindrucksvolle Projekte gab, stand meine Wahl schnell fest. So habe ich mich schon nach dem ersten Gespräch für das Projekt aus der Neurologie entschieden, weil da für beide Seiten alles super passte - auch menschlich."
Die dritte Frau im Bunde ist Laura Christin Kusche (22): Sie wird sich in ihrem Stipendienjahr mit einer Problemstellung aus der Onko-Immunologie beschäftigen. "Ich freue mich, nach den ersten drei sehr theorielastigen Studienjahren in die praxisbezogene Forschung mit viel Patientenkontakt einzusteigen. Der Zeitpunkt ist wirklich ideal", findet Kusche. Parallel zum Examen oder während der ersten Berufsjahre zu promovieren, war für sie keine wirkliche Alternative. "Da fehlt es oft an der Zeit und am Ende kann man sicher nicht alles so umsetzen, wie man es sich eigentlich wünschen würde. Wenn ich promoviere, dann möchte ich mich auch richtig intensiv in das Thema reinhängen. Und dass ich das jetzt machen kann, vor allem mit dem finanziellen Rückhalt eines Stipendiums, das ist wirklich toll!"
Unabhängig davon, auf welche Fachrichtung sich diese drei jungen Frauen schlussendlich spezialisieren werden: Sie sind sich schon jetzt sicher, dass sie viele wertvolle Erfahrungen aus den nächsten zwölf Monaten mitnehmen werden. Wir wünschen gutes Gelingen!
Die Promotionsprojekte im Überblick
Frau Tiede, der Titel Ihrer Promotionsarbeit lautet "Einfluss der portal hypertensiven Drucksenkung mittels nicht-selektiver Beta-Blocker und/oder TIPS auf das Ausmaß der systemischen Inflammation und Karzinogenese bei PatientInnen mit Leberzirrhose". Was verbirgt sich dahinter?
Die so genannte systemische Inflammation, also eine Entzündung im ganzen Körper, kann bei Patienten mit Leberzirrhose verschiedene Komplikationen auslösen. Meine Aufgabe ist es herauszufinden, ob bestimmte Medikamente (Beta-Blocker) und / oder operative Methoden (TIPS), die man bei einer Leberzirrhose eigentlich mit einem anderen Ziel anwendet, auch positive Auswirkungen auf diese Entzündung im ganzen Körper haben.
Wie kommt es denn zu einer solchen systemischen Inflammation?
Bei einer Zirrhose vernarbt das Gewebe der eigentlich gut durchbluteten Leber zunehmend. Da das Blut immer weniger Ausweichmöglichkeiten hat, kommt es oft zu einem erhöhten Blutdruck im Bauchraum. Dieser Bluthochdruck kann dazu führen, dass die Darmbarriere nicht mehr richtig funktioniert und Darmbakterien ins Blut gelangen. Dies ist eine der Ursachen der systemischen Inflammation.
Und warum ist es so wichtig, diese Entzündung in den Griff zu bekommen?
Weil diese systemische Inflammation eigentlich immer zu einem schwereren Krankheitsverlauf führt und (ganz vereinfacht gesagt) letztlich das Risiko für Leberkrebs stark erhöht.
Sie sagten, die Medikamente, die Sie besonders interessieren, werden bereits in der Behandlung eingesetzt, aber eigentlich mit einem anderen Ziel. Welche Medikamente stehen da genau im Fokus?
Es geht um die Beta-Blocker, die eigentlich nur den Bluthochdruck im Bauchraum senken und das Risiko für Blutungen senken sollen. Dementsprechend werden sie zurzeit erst bei einer konkreten Blutungsgefahr (z.B. durch so genannte Varizenblutungen) in der Therapie eingesetzt. In einigen Studien gibt es allerdings Hinweise darauf, dass sie quasi nebenbei auch die systemische Entzündung eindämmen - und zwar unabhängig vom Blutdruck im Bauchraum. Das soll jetzt genau untersucht werden.
Und was hat es mit der so genannten TIPS-Methode auf sich?
Die TIPS-Methode wird ebenfalls eingesetzt, um den Bluthochdruck im Bauchraum zu senken. Hier wird im Rahmen einer minimal-invasiven Untersuchung, ähnlich einer Herzkatheteruntersuchung, ein Shunt gesetzt, der wie eine Art Umleitung einen Teil des Blutes aus dem Darm um die vernarbte Leber führt.
Was bedeutet es für die Behandlung einer Leberzirrhose, wenn sich die Vermutungen bestätigen?
Sollte unsere Forschung jetzt beweisen, dass Beta-Blocker und / oder die TIPS-Methode die Entzündung generell verbessern, könnte man beides standardmäßig schon früher in der Therapie einsetzen und so den Verlauf der Leberzirrhose abmildern.
Könnte man damit die Leberzirrhose sogar heilen?
Hiermit ist eine Leberzirrhose leider nicht heilbar. Aber die Hoffnung ist, dass die Lebensqualität der Betroffenen verbessert wird, Komplikationen verhindert werden und ihnen zumindest ein Leberzellkarzinom erspart bleibt.
Anja Tiede wird in ihrer Forschungsarbeit von PD Dr. Benjamin Maasoumy und Prof. Dr. Markus Cornberg, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der MHH, betreut. Der vollständige Titel ihrer Dissertation lautet "Einfluss der portal hypertensiven Drucksenkung mittels nicht-selektiver Beta-Blocker und/oder TIPS auf das Ausmaß der systemischen Inflammation und Karzinogenese bei PatientInnen mit Leberzirrhose".
Frau Narten, Sie werden sich mit den autoimmunen neurologischen Nebenwirkungen von so genannten Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapien beschäftigen. Was hat es mit diesen Therapien auf sich?
Das Prinzip der Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie beruht darauf, dass körpereigene Immunzellen aktiviert werden und schließlich die Tumorzellen angreifen. Diese Art der Therapie hat die Prognose vieler Krebserkrankungen, wie zum Beispiel dem Malignen Melanom, deutlich verbessert.
Das klingt doch eigentlich gut. Was ist denn der Haken an der Sache?
Der Wirkmechanismus führt dazu, dass unter der Therapie häufig autoimmune Nebenwirkungen auftreten, d.h. die Immunzellen richten sich nicht oder nicht nur gegen die Tumorzellen, sondern auch gegen gesunde Zellen. Das kann im Prinzip alle Organe betreffen, in meiner Doktorarbeit fokussiere ich mich allerdings auf die neurologischen Nebenwirkungen. Diese nehmen eine Sonderstellung ein, da sie häufig zu spät erkannt werden, gleichzeitig aber besonders schwere Komplikationen hervorrufen können.
Was können das für Nebenwirkungen sein?
Das kann von Muskelzittern, Gangstörungen und Muskel- oder Nervenentzündungen bis hin zu einer schweren Enzephalitis, also einer Entzündung des Gehirns reichen. Wie die neurologischen Nebenwirkungen aber genau aussehen, werde ich dann erst im Rahmen meiner Doktorarbeit herausfinden, wenn ich mit den betroffenen Patienten spreche und sie untersuche.
Und was wollen Sie über diese neurologischen Nebenwirkungen genau herausfinden?
Meine Aufgabe ist es zunächst zu dokumentieren, wie häufig die autoimmunen neurologischen Nebenwirkungen bei der Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie tatsächlich auftreten. Im nächsten Schritt sollen diese Nebenwirkungen mit Hilfe verschiedener klinischer Untersuchungsmethoden und Fragebögen möglichst genau charakterisiert werden. Ziel ist es letztlich, auf Basis dieser Vorarbeiten sogenannte Biomarker zu identifizieren, mit deren Hilfe man das individuelle Risiko besser abschätzen kann. Vereinfacht gesagt: Wenn ich weiß, dass die autoimmunen neurologischen Nebenwirkungen mit bestimmten Blutwerten, also z.B. einer Erhöhung bestimmter Proteine im Blut einhergehen, macht es natürlich Sinn, während der Therapie genau diese Faktoren im Auge zu behalten, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.
... und zu behandeln.
Und zu behandeln, ja, genau. Die Verbesserung der Behandlungsmethoden steht ja im Grunde im Fokus aller Projekte, die im Rahmen des KlinStrucMed-Programms bearbeitet werden.
Emily Narten wird bei ihrer Forschungsarbeit von Prof. Dr. Thomas Skripuletz, Klinik für Neurologie der MHH, betreut. Der vollständige Titel ihrer Dissertation lautet: "Monitoring von Patient*innen mit onkologischen Erkrankungen unter Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren hinsichtlich autoimmuner neurologischer Nebenwirkungen".
Frau Kusche, Sie werden sich nun ein Jahr lang mit den Immunprofilen von Innate Lymphoid Cells (ILCs) bei Patienten beschäftigen, die an einem Leberzellkarzinom erkrankt sind und daher eine so genannte Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie erhalten. Was hat man sich zunächst einmal unter Innate Lymphoid Cells (ILCs) und den zugehörigen Immunprofilen vorzustellen?
Innate Lymphoid Cells (ILCs) sind Lymphozyten, also bestimmte Zellen, deren Aufgabe die Abwehr von Infektionserregern im menschlichen Körper ist. Wenn man von diesen Zellen ein Immunprofil erstellt, heißt das vereinfacht, dass man das Blut untersucht und nachschaut, welche und wieviele dieser Lymphozyten im Blut vorhanden sind.
Und welche Rolle spielt nun die Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie?
Wie Frau Narten schon erzählt hat, ist das Ziel dieser Therapie, dass die Immunzellen die Tumorzellen angreifen. Und Immuncheckpoints sind Rezeptoren auf den Immunzellen, die darüber entscheiden, wie die Immunantwort ausfällt. Diese Rezeptoren werden von Tumorzellen aber häufig ausgetrickst, so dass das Immunsystem die Tumorzellen nicht erkennt und natürlich auch nicht bekämpft. Mit so genannten Immuncheckpoint-Inhibitoren werden die ausgetricksten Rezeptoren blockiert, damit die Bekämpfung der Tumorzellen weitergehen kann.
Und was hat das mit den ILC-Zellen zu tun?
Leider kommt es bei der Therapie häufig auch zu autoimmunen Reaktionen, die natürlich nicht erwünscht sind. Daher wäre es hilfreich möglichst früh zu wissen, ob ein Patient auch wirklich auf die Therapie anspricht. Und da kommen die ILC-Zellen ins Spiel.
Sie wollen an den ILC-Zellen erkennen, ob die Therapie wirkt?
Das ist die Hoffnung, ja. Es geht im ersten Schritt aber erst einmal darum, nachzuweisen, ob und wie diese Zellen überhaupt an der Immunreaktion während einer Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie beteiligt sind. Wenn alles gut läuft, ja, dann wären wir am Ende unserer Studie in der Lage, mithilfe einer Blutuntersuchung bzw. eines Immunprofils frühzeitig zu erkennen, ob die Therapie Erfolgsaussichten hat oder nicht.
Laura Christin Kusche wird bei ihrer Forschungsarbeit von Prof. Dr. Hans Heinrich Wedemeyer und Dr. Bernd Heinrich, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der MHH, betreut. Der vollständige Titel ihrer Dissertation lautet: "Assoziation von klinischen Charakteristika mit dem peripheren Immunprofil von angeborenen Innate Lymphoid Cells (und adaptiven CD8+ T-Zellen) in Patienten mit Hepatozellulärem Karzinom vor und nach Therapie mit neuer Standardtherapie Atezolizumab und Bevacizumab.".
Frau Zehrfeld, Sie beschäftigen sich mit der Frage, ob Patienten mit dem so genannten Sjögren-Syndrom ein erhöhtes Risiko für eine Arteriosklerose haben. Können Sie zunächst erklären, was eine Arteriosklerose ist und welche Risikofaktoren diese Erkrankung grundsätzlich begünstigen?
Bei einer Atherosklerose lagern sich Fette in den Wänden von Blutgefäßen ein und führen dort zu Verhärtungen und Verengungen. Wenn sich eine solche Verengung über Jahre verstärkt oder es zu einer Plaqueruptur kommt, kann ein akuter Gefäßverschluss wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Darmverschluss auftreten. Klassische Risikofaktoren für diese Erkrankung sind z.B. Rauchen, Übergewicht sowie Bluthochdruck und hängen eng mit den eigenen Lebensgewohnheiten zusammen. Aber auch genetische Faktoren oder chronische Entzündungsprozesse im Körper können Atherosklerose begünstigen. Und da wären wir beim Thema „Sjögren-Syndrom“.
Was ist denn das Sjögren-Syndrom genau?
Das Sjögren-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, die hauptsächlich Frauen betrifft und typischerweise zu chronischen Entzündungen der Tränen- und Speicheldrüsen führt. Die meisten Betroffenen klagen entsprechend über Trockenheit der Augen oder des Mundes. Zusätzlich haben viele PatientInnen Entzündungen in den Gelenken, seltener in inneren Organen, dem Nervensystem und auch Gefäßen.
Und Sie untersuchen nun PatientInnen mit Sjögren-Syndrom mit Blick auf Atherosklerose? Wie viele ProbandInnen umfasst Ihre Studie?
Mit meiner Dissertation möchte ich die Datenlage zu diesem Thema deutlich erweitern. Es sollen mindestens 150 Sjögren-PatientInnen sowie eine Kontrollgruppe von mindestens 75 ProbandInnen ohne Sjögren-Syndrom in die Studie eingeschlossen werden.
Und wie läuft die einzelne Untersuchung genau ab?
Bei jeder teilnehmenden Person messe ich mithilfe eines Ultraschallgeräts die Dicke der Gefäßwände, um zu beurteilen, wie weit eine ggf. vorhandene Atherosklerose fortgeschritten ist. Außerdem messe ich den Blutdruck an beiden Oberarmen und beiden Unterschenkeln, um den sogenannten Knöchel-Arm-Index zu ermitteln. Dieser gibt Aufschluss über etwaige Durchblutungsstörungen des Körperstamm-fernen Gefäßsystems. Teilweise führe ich auch eine sogenannte Pulswellen-Analyse durch, um einschätzen zu können, wie steif die Gefäßwände schon sind. Außerdem nehme ich Blut ab, um Blutfette und andere relevante bekannte Parameter zu bestimmen. Darüber hinaus werden wir auch nach neuen Biomarkern suchen, sogenannten nicht-kodierenden Ribonukleinsäuren, um neue prognostische Marker zu finden. Neben den gerätebasierten und laborchemischen Untersuchungen stelle ich eine Menge Fragen zur jeweiligen Krankheitsgeschichte, Medikamenten, erblichen Vorbelastungen und Lebensgewohnheiten, die eine Atherosklerose begünstigen können.
Welche Ergebnisse erwarten Sie und wie profitieren PatientInnen davon?
Wir rechnen damit, dass Betroffene mit Sjögren-Syndrom ein etwa 30% höheres Risiko für atherosklerotische Gefäßveränderungen haben als die Kontrollgruppe. Aus den Erkenntnissen der Studie soll sich eine optimierte Kontrollversorgung für Patienten mit Sjögren-Syndrom ergeben. Vorstellbar wäre eine umfangreiche Aufklärung zur Reduzierung der klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren gepaart mit einer engmaschigen Kontrolle des Gefäßstatus und ggf. auch eine Anpassung der medikamentösen Behandlungsansätze. Das Ziel ist es, dass man so das Entstehen oder den Progress von atherosklerotischen Prozessen in dieser Patientengruppe weiter reduzieren kann.
Nadine Zehrfeld wird bei ihrer Forschungsarbeit von Privatdozentin Dr. med. Diana Ernst, Klinik für Rheumatologie und Immunologie, und Dr. med. Kristina Sonnenschein, Klinik für Kardiologie & Angiologie, betreut. Der vollständige Titel ihrer Dissertation lautet: "Evaluation arteriosklerotischer Gefäßveränderungen und Enderkrankungen sowie kardiovaskulärer Risikofaktoren und neuer Biomarker bei Patienten mit primärem Sjögren-Syndrom“.