Forschung

„Image of the Year“ verbessert Behandlung nach Herzinfarkt

Forscherteams mit nuklearmedizinischen Preis ausgezeichnet. Sie haben entdeckt, wie die Fibroseentwicklung vorhergesagt werden kann.

Dr. Johanna Diekmann und Dr. Tobias König stehen vor einem Fernseher an der Wand auf dem Ihre Arbeit zu sehen ist.

Von der führenden Fachgesellschaft für Nuklearmedizin ausgezeichnet: Dr. Johanna Diekmann und Dr. Tobias König. Copyright: Karin Kaiser/MHH

Stand: 06. Oktober 2022

Jedes Jahr erleiden mehr als 300.000 Menschen in Deutschland einen Herzinfarkt. Dabei wird das Organ nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt und Herzmuskelzellen sterben ab. Der Körper setzt Reparaturprozesse in Gang und bildet vermehrt Bindegewebszellen – die sogenannten Fibroblasten. Eine wichtige Rolle bei diesem Prozess spielt das Fibroblasten-Aktivierungsprotein (FAP), das nach einem Infarkt stark hochreguliert wird und diese Vorgänge steuert.
Zwei Forschungsteams um Dr. Johanna Diekmann, klinische Wissenschaftlerin und Assistenzärztin an der Klinik für Nuklearmedizin, und Dr. Tobias König, Oberarzt an der Klinik für Kardiologie und Angiologie, haben mit molekularer Positronen-Emissions-Tomographie (PET)-Bildgebung das Fibroblasten-Aktivierungsprotein bei Patientinnen und Patienten nach akutem Herzinfarkt untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass sich so die Fibroseentwicklung im Herzen und der weitere Krankheitsverlauf voraussagen lassen. Auf dem Kongress der führenden nuklearmedizinischen Fachgesellschaft SNMMI (Society of Nuclear Medicine and Molecular Imaging) im kanadischen Vancouver wurden sie im Juni dafür aus mehr als 1.000 eingereichten wissenschaftlichen Beiträgen ausgewählt und mit der Auszeichnung „Image of the Year“ geehrt.

Narbengewebe bildet sich über Herzinfarktregion hinaus

Nach einem Herzinfarkt ersetzen Fibroblasten das geschädigte Gewebe, um die Struktur des Herzens zu erhalten, und an der verletzten Stelle entsteht Narbengewebe. Eine übermäßige Fibrose kann jedoch dazu führen, dass der Herzmuskel versteift und nicht mehr so gut pumpt. Die Folge ist eine Herzschwäche, in der Fachsprache Herzinsuffizienz genannt, ein Hauptgrund für spätere Erkrankungen und die späte Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt. „Mit Hilfe einer schwach radioaktiven Spürsubstanz, einem sogenannten Radiotracer, konnten wir die aktivierten Fibroblasten im Herzmuskel auffinden und mit PET-Bildgebung darstellen“, sagt Dr. Diekmann. „Dabei haben wir festgestellt, dass die fibrotische Region sich nicht nur im Kerngebiet des Herzinfarkts befindet, sondern deutlich darüber hinausgehen kann.“ Diese Beobachtung ist neu und wichtig für die weitere Prognose. „Offenbar spielt nicht nur die Schwere des Herzinfarktes eine Rolle für das Risiko einer späteren Herzinsuffizienz, sondern auch die Größe der Risikoregion um das Infarktgebiet herum“, erklärt Dr. König.

Fibroseregionen leuchten auf PET-Bild

Die Forschungsteams aus der Nuklearmedizin unter der Leitung von Klinikdirektor Professor Dr. Frank Bengel und der Kardiologie unter der Leitung von Klinikdirektor Professor Dr. Johann Bauersachs haben bei ihren Untersuchungen einen Tracer namens 68Ga-FAPI-46 eingesetzt, der am Uniklinikum Heidelberg für die PET-Bildgebung bei Krebspatientinnen und –patienten entwickelt worden ist. Dabei handelt es sich um ein mit Gallium radioaktiv markiertes Biomolekül, das sich passgenau an FAP heftet. Dieses Protein sitzt auf den aktivierten Fibroblasten und steuert die Gewebereparatur. „Der Tracer reichert sich genau dort im Herzen an, wo die Fibroseprozesse stattfinden“, erklärt die Nuklearmedizinerin. „Je mehr aktivierte Fibroblasten dort zu finden sind, desto mehr FAPI-Moleküle steuern auch dorthin, was auf dem PET-Bild dann als leuchtende Fläche zu sehen ist.“ Die Daten aus dem PET wurden mit denen aus Herz-MRT-Untersuchungen verglichen. „Durch die Methoden der Nuklearmedizin erhalten wir zusätzliche Information über die frühen molekularen Prozesse außerhalb der Infarktregion, die an der Entstehung einer Herzinsuffizienz maßgeblich beteiligt sind“, betont Dr. König. So ließen sich künftig nicht nur bessere Prognosen für das Risiko einer Herzschwäche stellen. Auch könnten die am besten geeigneten Patientinnen und Patienten für antifibrotische Therapien ausgewählt werden. Diese Therapien befinden sich derzeit aber noch in der Entwicklung. „Das könnte die Behandlung nach einem Herzinfarkt einen großen Schritt voranbringen“, sagt der Kardiologe.

 

Autorin: Kirsten Pötzke