Aus der MHH

Psychotherapie-Studie: Forschende suchen nach Weg aus chronischer Depression

Das multizentrische Projekt ChangePDD vergleicht die Wirksamkeit von zwei unterschiedlichen Therapien. Die MHH-Psychiatrie ist daran beteiligt und bietet Plätze für Studienteilnehmende an.

Professor Kai Kahl

Professor Kai Kahl; Copyright: Nelli Polle

Stand: 18. April 2023

Ein Drittel aller depressiven Erkrankungen verläuft chronisch. Schätzungen zufolge leben in Deutschland derzeit 1,2 Millionen Menschen mit einer chronischen Depression. Oft haben die Betroffenen bereits mehrere Therapien erhalten, doch keine zeigte eine ausreichende Wirkung. Hier setzt die Studie „Changing Persistent Depression Disorder“ (ChangePDD) an. Daran beteiligt ist auch die Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). In der Studie werden zwei unterschiedliche Psychotherapien miteinander verglichen. Das Ziel: „Wir wollen mehr über die Wirkweise von Psychotherapien erfahren, um die Behandlung besser an die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten anpassen zu können“, erklärt Professor Dr. Kai Kahl, Leiter des Studienzentrums der MHH. Das Projekt ChangePDD wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit zwei Millionen Euro für zwei Jahre gefördert.

Bisher keine wissenschaftlich fundierte Behandlung

„Menschen mit chronischer Depression sind besonders gefährdet, Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems zu erleiden, in die Arbeitsunfähigkeit und die Frühberentung zu rutschen“, sagt Professor Kahl. Das sei nicht nur für die Betroffenen persönlich eine äußerst schwierige Situation, sondern auch eine ökonomische Belastung. „Leider gibt es bisher keine wissenschaftlich gestützte Behandlung für diese Patientengruppe“, bedauert der Psychiater. In der Studie Change PDD sollen nun die beiden Therapieprogramme „Cognitive-Behavioral Analysis System of Psychotherapy“ (CBASP) und „Behavioral Activation“ (BA) miteinander verglichen werden. Außer der MHH, an der Diplom-Psychologin Philippa Gebhardt die Studie koordiniert, sind an dem Projekt sechs weitere Studienzentren beteiligt. Die Studienleitung liegt bei Professorin Dr. Eva-Lotta Brakemeier von der Universität Greifswald.

Etablierte versus neue Therapie

Bei CBASP handelt es sich um einen neueren, speziell für Patientinnen und Patienten mit chronischen Depressionen entwickelten Therapieansatz. Das integrative Verfahren kombiniert mehrere therapeutische Methoden. Der Schwerpunkt der Behandlung liegt auf heilsamen korrigierenden Beziehungserfahrungen und Situationsanalysen zwischenmenschlicher Schwierigkeiten. BA wiederum ist eine etablierte Variante der Kognitiven Verhaltenstherapie. Sie gilt als „Goldstandard“ bei der Behandlung von Depressionen. Der Schwerpunkt dieser Therapie liegt auf der Interaktion des Menschen mit der Umwelt. Durch den Abbau von Barrieren und den Aufbau von Verhaltensfertigkeiten soll die Aktivität der Patientinnen und Patienten gesteigert werden.

Welche Studie wirkt bei welchen Menschen?

Welche der beiden Behandlungsverfahren zeigt die bessere Wirkung bei der Patientengruppe mit chronischen Depressionen? Das ist die wichtigste Frage, die mit der Studie beantwortet werden sollen. „Ebenso interessant ist es für uns herauszufinden, welche der beiden Therapien bei welchen Patienten besser wirkt und warum“, erklärt Professor Kahl. In das Projekt ChangePDD werden insgesamt 396 Patientinnen und Patienten eingeschlossen. Alle durchlaufen ein Therapieprogramm, das aus einer zehnwöchigen Akutbehandlung und einer anschließenden sechswöchigen Erhaltungstherapie besteht. Die Akutbehandlung erfolgt stationär, kann zur Hälfte aber auch in einer Tagesklinik durchgeführt werden. Die Erhaltungstherapie erfolgt ambulant in einer Gruppe. Nach der insgesamt 16-wöchigen Therapie werden die Teilnehmenden für 48 Wochen nachbetreut und beobachtet.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht

Die Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie bietet noch Plätze zur Teilnahme an der Studie ChangePDD an. „Patientinnen und Patienten, die bei dem Projekt mitmachen, profitieren beispielsweise davon, dass sie keine langen Wartezeiten bis zur stationären Aufnahme in die Klinik überbrücken müssen“, erläutert Professor Kahl.  Darüber hinaus erhalten sie während der gesamten Teilnahmezeit eine umfassende psychiatrische Diagnostik und Betreuung durch professionelles Personal. 

Weitere Informationen über die Studie und Teilnahmebedingungen erhalten Interessierte über die E-Mail-Adresse ChangePDD@mh-hannover.de.