Aus der MHH

Urologie ist ein Männerbereich? Von wegen!

PD Dr. Inga Peters und Dr. Nina Harke sind Chirurginnen in der Klinik für Urologie und Urologische Onkologie.

Die Chirurgie ist ihr Ding: Dr. Harke (links) und PD Dr. Peters an einem OP-Roboter da Vinci Xi. Copyright: Karin Kaiser/MHH

Stand: 02. Juli 2020

Die Chirurgie gilt nach wie vor als Männerdomäne. Auf vier Männer in diesem Fachgebiet kommt nur eine Frau. In der Universitätsmedizin sind Chirurginnen noch seltener. Privatdozentin Dr. Inga Peters (38) und Dr. Nina Harke (38) sind zwei von ihnen. Aber nicht nur das. Denn zugleich arbeiten sie in der Urologie – ebenfalls eher ein Männerbereich. Was mögen sie an ihrem Job? Und wie schaffen sie es, ihre beruflichen Ziele zu verfolgen?

Die hohe mentale und körperliche Belastung, der raue Umgangston im OP, die hierarchischen Strukturen, kaum Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Das alles hört sich für Außenstehende nicht nach einem Traumberuf an. Doch für die beiden Oberärztinnen hat die Chirurgie auch nach Jahren noch nichts von ihrer Faszination verloren. „Die Chirurgie ist unmittelbar, man kann sofort helfen und sieht relativ schnell den Erfolg“, sagt Dr. Harke. Wenn alles gut läuft, sei es schön, den Patienten glücklich zu sehen, erklärt Dr. Peters. „Außerdem ist das Operieren immer wieder aufregend, weil jeder Eingriff anders ist. Das macht einfach Spaß.“

Dr. Peters arbeitet schon seit zehn Jahren als Chirurgin in der Klinik für Urologie und Urologische Onkologie. Sie hat sich auf die Diagnose und die Therapie von Prostatakarzinomen spezialisiert und ist dort sehr erfolgreich. Dr. Nina Harke ist neu im Team und bringt jahrelange Erfahrung in der Roboter-Chirurgie mit. Am Universitätsklinikum Essen leitete sie diesen Bereich. In Hannover möchte sie ihr Knowhow nun an die Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Denn die Urologische Klinik möchte die Technik zukünftig noch weiter professionalisieren.

In der Chirurgie gehören die Ärztinnen zu einer Minderheit, in der Urologie aber erst recht. Ist das nicht ein Fach für Männer – sowohl was die Ärzte als auch die Patienten betrifft? Ganz und gar nicht, betonen die beiden. „Die Urologie hat ein extrem breites Spektrum“, schwärmt Dr. Peters. „Es gibt zahlreiche Fachgebiete wie beispielsweise die Uro-Onkologie, Andrologie oder Uro-Gynäkologie, die dieses Fach sehr vielfältig machen.“ Dass die Urologie nur mit der Männergesundheit zu tun habe, sei ein Irrglaube. „Etwa ein Drittel unserer Patienten sind Frauen“, sagt Dr. Harke.

"Frauen sind gute Führungskräfte"

Rund 70 Prozent aller Medizinstudierenden sind weiblich, doch in leitenden Positionen machen Ärztinnen nur etwa zehn Prozent aus. Klinikdirektorinnen sind eine Rarität. „Je weiter es nach oben geht, desto stärker wird das Konkurrenzdenken“, stellt Dr. Harke fest. Die Chirurgin ist auf dem Weg zur Habilitation und übernimmt die Leitung der urologischen Robotik. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen gute Führungskräfte sind“, sagt sie.

Dr. Peters ist auf der akademischen Karriereleiter schon eine Stufe weiter. Sie hat sich früh habilitiert und will demnächst einen Antrag auf eine außerplanmäßige Professur stellen. Sie ist verheiratet – ihr Mann arbeitet als Chirurg in Bielefeld – und hat einen Sohn im Kindergartenalter. Wie schafft sie es, Beruf, Kind und Familienleben unter einen Hut zu kriegen? „Mithilfe einer Leih-Oma und durch äußerst gute Planung“, sagt sie. „In den vergangenen Jahren habe ich aber auch gelernt, dass man nicht immer alles zeitgleich organisiert bekommt, hier muss man dann auch Abstriche machen.“ Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nach Meinung der Chirurgin heutzutage keine Geschlechterfrage mehr, die Life-Work-Balance interessiere auch Männer.

Als Frau in der Universitätsmedizin Karriere zu machen, ist nicht einfach. Es erfordert Durchsetzungsvermögen, Eigeninitiative und Eigenmotivation. „Leicht ist es nicht, aber wenn man es will, findet man einen Weg“, sagt Dr. Peters. Es gebe natürlich auch Medizinerinnen, die keine Karriere machen wollen, das sei ja auch in Ordnung. „Frauen auf dem Weg nach oben müssen noch ein bisschen mutiger werden, sich nicht selbst im Weg stehen und sich gegenseitig unterstützen“, findet Dr. Harke.

Autorin: Tina Götting