Wahl-Schott / MHH

Projektvorstellung 2020

cAMP-dependent regulation of HCN4 controls the tonic entrainment process in sinoatrial node pacemaker cells

Fenske S, Hennis K, Roetzer R, Brox V, Becirovic E, Scharr A, Gruner C, Ziegler T, Mehlfeld V, Brennan J, Efimov I, Pauza A, Moser M, Wotjak C, Kupatt C, Goenner R, Zhang R, Zhang H, Zong X, Biel M*, Wahl- Schott* C.

Schrittmacherkanäle sind Vertreter der Hyperpolarisations-aktivierten und Zyklonukeotid-gesteuerten (hyperpolarization-activated cyclic nucleotide-gated, HCN) Kationenkanäle und gelten als wesentliche Motoren für die Entstehung des Herzschlags im Sinusknoten (SAN) des Herzens. Vier Vertreter, HCN1-HCN4 kommen beim Menschen und der Maus vor. HCN4 stellt die Haupt-Isoform dar und wird im gesamten SAN exprimiert. HCN Kanäle werden durch Hyperpolarisation geöffnet. Zusätzlich wird die Aktivierung der Kanäle durch zyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP) reguliert. Dabei führt eine Erhöhung der intrazellulären cAMP-Konzentration, wie sie bei einer Aktivierung des Sympathikus auftritt, zu einem Anstieg der HCN Kanal-Aktivität. Im Forschungsbericht 2021 stellen wir ein Projekt vor, das in der Gruppe des Physiologen und Pharmakologen Christian Wahl-Schott vom Institut für Neurophysiologie der MHH in Zusammenarbeit mit den Pharmakologen Stefanie Fenske und Martin Biel des Lehrstuhls Pharmakologie für Naturwissenschaften am Department Pharmazie der LMU München durchgeführt und im Journal Nature Communications publiziert wurde. In der Arbeit haben die Autoren herausgefunden, wie der sekundäre Botenstoff cAMP über eine Wirkung an HCN4 Kanälen den Herzschlag reguliert.

Um die Rolle der cAMP-abhängigen Regulation (cAMP-dependent regulation, CDR) von HCN4 zu untersuchen, hat das Forschungsteam Knock-in Mäuse hergestellt, bei denen cAMP nicht mehr an HCN4 binden kann (HCN4FEA Mauslinie). Bei der Untersuchung einzelner Schrittmacherzellen aus dem SAN haben die Wissenschaftler entdeckt, dass SAN Zellen nicht nur einen schon lange bekannten Aktivitätsmodus einnehmen können, in dem die Zellen Aktionspotentiale feuern und den Herzschlag antreiben (firing mode), sondern auch einen non-firing mode einnehmen können, in dem die Zellen einen Zeitraum von bis zu einer Minute stillstehen. Im Netzwerk des Sinusknotens wird die Anzahl der Zellen im non-firing mode durch die CDR eingestellt. Schrittmacherzellen im non-firing mode fungieren im Netzwerk des SAN als „Bremsen“, die die Aktivität benachbarter Schrittmacherzellen im firing mode inhibieren. Es ist bekannt, dass inhibitorische Elemente generell die Stabilität von elektrisch aktiven Netzwerken erhöhen. Im Gehirn stabilisieren beispielsweise inhibitorische Neurone die Aktivität neuronaler Netzwerkverbindungen.

Video: Schlagender Vorhof mit Sinusknotenregion in einer Präparation aus der Maus. 

Die aktuelle Arbeit zeigt, dass eine inhibitorische Kontrolle der Erregbarkeit auch im Sinusknoten für eine stabile Herzschrittmacherfunktion erforderlich ist. Sowohl die Überaktivität als auch der Mangel an hemmender Kontrolle führt zu einer massiven Störung der Schrittmacherfunktion des Herzens, die sich als „Kranker Sinusknoten“ Syndrom (Sick-Sinus-Syndrom) manifestiert (siehe Abbildung). Über die CDR von HCN4 kann die genaue Dosis für eine Hemmung innerhalb des Sinusknotens situationsgerecht eingestellt werden. Dadurch kann die Herzfrequenz effektiv stabilisiert werden und sowohl einer Bradykardie als auch einer Tachyarrhythmie entgegengewirkt werden.

Zusammengefasst zeigt diese Studie, dass die CDR von HCN4 für die Steuerung des SAN durch das autonome Nervensystem wichtig ist und zwar insbesondere für einen sicheren Übergang von einer stabilen Ausgangsherzfrequenz zu einer neuen Zielfrequenz bei sympathischer und/oder parasympathischer Aktivität. Besonders wichtig scheint die CDR von HCN4 bei der Feinjustierung des Herzfrequenz-senkenden Effekts des parasympathischen Nervensystems zu sein. Die CDR wirkt dabei einer parasympathischen Übersteuerung, unangemessenem Herzfrequenz-Abfall und dem Auftreten einer Bradykardie entgegen.