Was sind Tics?

Tics sind rasche, wiederholte Bewegungen oder Lautäußerungen. Sie setzen plötzlich ein und dienen keinem erkennbaren Zweck. Abwohl sie häufig wiederholt werden, sind folgen sie keinem klaren Rhythmus. Tics können motorisch sein und sich in Körperbewegungen äußern oder vokal sein und sich durch Laute, Worte oder Ausrufe zeigen. Tics können einfach sein und ruckartig und schnell ausgeführt werden oder komplex und umständlich oder absichtsvoll wirken. Tics können einzeln, mit kurzen oder langen Pausen, aber auch in Serien auftreten. Typischerweise geht Tics ein Vorgefühl voraus, welches den Tic ankündigt oder sogar provoziert und nach dem Tic - zumindest vorübergehend - abklingt. Die meisten Betroffenen können ihre Tics kurzzeitig willentlich unterdrücken.​

Motorische Tics

Motorische Tics resultieren aus Muskelbewegungen. Einfache motorische Tics betreffen nur wenige Muskelgruppen in einem Körperteil. Am häufigsten sind sie im Gesicht und am Kopf. Komplexe motorische Tics entstehen entweder durch die Beteiligung verschiedener Muskelgruppen oder sehen so aus, als würde sie einen Zweck erfüllen. Als Sonderformen komplexer motorischer Tics gelten die Kopropraxie (Zeigen obszöner Gesten), die Echopraxie (nicht Zweck gebundene Imitation von beobachteten Bewegungen anderer Personen) und die (seltene) Palipraxie (Wiederholen von eigenen Bewegungen). Hier eine Tabelle mit den häufigsten motorischen Tics.

Einfache motorische Tics Komplexe motorische Tics

Augen zwinkern, blinzeln, rollen, aufreißen (ohne Bewegungen der Augenbrauen)

scheinbar absichtsvolle Bewegungen,
Augenbrauen hochziehen Gesten im Gesicht, an Kopf, Hand, Armen, Rumpf, Fuß, Beinen
Nase rümpfen, verziehen an Kleidung zupfen
Backen aufblasen Hüpfen, Springen
Mund öffnen, verziehen Klatschen, Klopfen
Lippenbewegungen im Kreis drehen
Zunge hervorstrecken verbiegende, beugende Rumpfbewegungen
Kieferbewegungen ausfahrende Armbewegungen
Stirn runzeln Aufstampfen
Grimassieren dystone Tics
Zähneklappern Schreibtics
Kopf schütteln, werfen, verdrehen, zucken, nicken Tic-ähnliche zwanghafte Handlungen
Schulter zucken, Arm- / Handbewegungen Echopraxie
Bauchbewegungen Kopropraxie
Rumpfbewegungen Palipraxie
Bein-/Fußbewegungen (autoaggressive Handlungen)

Vokale Tics

Vokale Tics entstehen durch Bewegungen des Stimm- und Atemapparats. Am häufigsten treten einfache vokale Tics wie Räuspern, Schniefen, Husten und Nase hochziehen auf; nur selten kommt es zu lauten Ausrufen und Schreien. Gerade bei Kindern werden gering ausgeprägte einfache vokale Tics oft fehl gedeutet und irrtümlich mit anderen Erkrankungen (etwa Erkrankungen der Atemwege) in Verbindung gebracht. Deutlich seltener – und meist bei schwerem Tourette-Syndrom mit mehreren Komorbiditäten - bestehen komplexe vokale Tics wie die Koprolalie (Ausrufen obszöner Wörter), die Echolalie (nicht der Kommunikation dienendes Wiederholen von gehörten Sätzen, Wörtern, Silben oder Geräuschen) und die Palilalie (unwillkürliches Wiederholen von selbst ausgesprochenen Wörtern). Hier eine Tabelle mit den häufigsten vokalenTics.

Einfache vokale Tics Komplexe vokale Tics
Räuspern Echolalie
Schniefen, Schneuzen Koprolalie
Husten, Hüsteln Palilalie
Nase hochziehen Sprechblockaden
Prusten atypische Sprachwendungen
geräuschvolles Ein- oder Ausatmen Ausrufen von Sprachfragmenten
Quieken, Quietschen, Grunze Ausrufen anderer sozial unangemessener Wörter (Englisch: non-obscene complex socially inappropriate behaviour, NOSI)
Pfeifen, Summen  
Ausstoßen von Schreien  
Ausrufen von Silben (hm, eh, ah, ha)  
Ausstoßen von Tier- oder anderen Lauten  
Spucken  

 

Welche Tic-Störungen gibt es?

Die transiente (vorübergehende) Tic-Störung geht mit motorischen und/oder vokalen Tics einher, die weniger als ein Jahr andauern. Sie ist eine häufige Störung des Kindesalters und geht meist nur mit gering ausgeprägten einfachen motorischen Tics einher. Diese Diagnose kann verlässlich nur rückblickend gestellt werden.

Die nachfolgenden chronischen Tic-Störungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Tics über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr vorhanden sind und einen Beginn im Kindes- und Jugendalter haben.

  • Beim Tourette-Syndrom treten mehrere motorische und mindest ein vokaler Tics gekennzeichnet auf.
  • Die chronische motorische Tic-Störung unterscheidet sich vom Tourette-Syndrom lediglich durch das Fehlen vokaler Tics. Meist sind aber auch die motorischen Tics schwächer ausgeprägt, und die Häufigkeit und Schwere der psychiatrischen Komorbiditäten ist geringer.
  • Die chronische vokale Tic-Störung ist durch das anhaltende Auftreten ausschließlich vokaler Tics. Diese Diagnose ist überaus selten und sollte nur nach sehr sorgfältiger differenzialdiagnostischer Abklärung gestellt werden.

 

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