Aus der MHH

Was macht eigentlich eine Studienkoordinatorin?

Kirsten Mischke ist Studienkoordinatorin im Bereich der pädiatrischen Stammzelltransplantation. Ein spannender Beruf mit zentraler Funktion.

Kirsten Mischke steht in einer gelben Jacke vor einem Gebäude und lächelt in die Kamera.

Kirsten Mischke: „Der Beruf Studienkoordinatorin macht unheimlich Spaß und ist abwechslungsreich.“ Copyright: Fabian Ecke/MHH

In der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie ist Kirsten Mischke auch für Stammzelltransplantation-Dokumentation zuständig. Sie ist mehr oder weniger in ihren Beruf „reingeschlittert“. Mit 16 Jahren hat sie eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin gemacht, verschiedene Zwischenstationen gehabt, bis sie auf eine Jobausschreibung in der MHH aufmerksam wurde.

Wie ging es vor 25 Jahren an der MHH für Sie los?

Kirsten Mischke: Angefangen habe ich mit der reinen Betreuung von ALL-Studien (ALL = Akute Lymphatische Leukämie) in der Pädiatrie. Der Bereich Stammzelltransplantation war damals noch ein recht wilder Haufen und ein Studienteam gab es noch nicht. Also habe ich das Studienteam mit aufgebaut. Früher gab es in der Gesellschaft für pädiatrische Hämatologie und Onkologie (GPOH) nur Therapieoptimierungsstudien. Pharmastudien dagegen im heutigen Sinne noch gar nicht. Stattdessen wurden individuelle Heilversuche durchgeführt und die Ergebnisse aufgeschrieben.

Wie kann man sich denn Ihren Arbeitsalltag als Studienkoordinatorin vorstellen?

Ich muss immer auf dem Laufenden sein, wie es unseren Patientinnen und Patienten geht. Gerade für Pharmastudien muss jedes unerwünschte Ereignis dokumentiert werden. Das heißt, ich muss mittwochs in der Ambulanz die Akten einsehen und gucken, was passiert ist. Unsere Studienpatienten kommen immer dienstags. Das ist das einzige, was standardmäßig abläuft, ansonsten ist jeder Tag anders.

Ihr Beruf ist also sehr abwechslungsreich?

Auch dadurch, dass die Leitung des Pädiatrischen Registers für Stammzell-Transplantation in unserer Hand liegt. Damit sind viele Dienstreisen, zum Beispiel auf Tagungen, verbunden. Über die Jahre hat sich dabei ein tolles Netzwerk entwickelt. Es fühlt sich an wie eine Familie, wenn man sich trifft.

Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit?

Was ich unheimlich spannend finde, sind auch die Beobachtungen und Auswertungen: Wenn man die Patientinnen und Patienten engmaschig überwacht, kriegt man schnell ein Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmt. Eine Bestätigung ist es, wenn die eigenen Eindrücke dann vom Statistiker belegt werden.

Welche Herausforderungen bringen der Beruf als Studienkoordinatorin mit sich?

Schwer zu verkraften sind für mich die krebskranken Kinder und verzweifelten Eltern. Man hat Patientinnen und Patienten, die man immer wieder trifft und dann versterben sie. Man leidet da mit, auch wenn man sie nicht kennt. Herausfordernd ist auch die eigenverantwortliche Vorbereitung von Patientenvisiten und Aufklärungsgespräche, für die oft Dolmetscher engagiert werden müssen.

Gibt es auch Schwierigkeiten, die Sie erlebt haben?

Am Anfang habe ich die kranken und verstorbenen Kinder aus der ALL-Studie immer mit nach Hause genommen [gedanklich] und bin mit meinen Kindern ständig zum Arzt gelaufen, wenn sie blaue Flecken hatten. Mein alter Chef hat dann mal zu mir gesagt: „Du machst das verkehrt. Wir sind hier, weil wir die Leukämie in zehn Jahren behandeln wollen wie einen Schnupfen und du willst mit dabei sein“. Ich habe gesagt: „Ja, das will ich.“ Und er: „Dann nimm lieber die gesunden Kinder mit nach Hause.“

Gibt es ein besonderes Erlebnis, an das Sie sich erinnern?

Nachdem wir die AML-SCT-Studie (AML = Akute Myeloische Leukämie, SCT = Stammzell-Transplantation) abgeschlossen und ausgewertet hatten, wurden die Ergebnisse auf dem EBMT-Kongress (European Society for Blood and Marrow Transplantation) in Valenzia von Professor Martin Sauer vorgestellt. Am Ende stand dann mein Name mit einem herzlichen Dankeschön auf der Leinwand. Nach dem Vortrag kamen dann andere Transplanteure zu mir und bedankten sich und Professor Sauer sagte: „Ich weiß, dass ich es ohne sie nicht geschafft hätte.“

Was sollten Leute mitbringen, die sich für Ihren Beruf interessieren?

Man muss offen sein für einen unstrukturierten Arbeitstag, sich aber selber sehr strukturieren. Ich habe keinen Chef, der mir genau sagt, was ich tun soll. Für die Organisation der Studien bin ich alleine verantwortlich. Medizinischen Vorkenntnissen sollte man haben, der Rest ist learning by doing.

Gibt es Dinge, die Ihnen im Hinblick auf die Zukunft besonders wichtig sind?

Ich finde es wahnsinnig schade und schwierig, dass wir aktuell kaum Nachwuchs finden. Und das obwohl wir gut verdienen und der Beruf einfach unheimlichen Spaß macht und abwechslungsreich ist. Es ist Detektivarbeit, aber kein Hexenwerk. Der Job bietet geregelte Arbeitszeiten und eine hohe Flexibilität.

Interview: Fabian Ecke