Gesundheit

Was passiert eigentlich im MHH-Schlaflabor?

Leiterin Dr. Katrin Meyer gibt Einblicke in ihre Arbeit

Dr. med. Katrin Meyer im Flur des Schlaflabors.

Dr. med. Katrin Meyer leitet das interdisziplinäre Schlaflabor der MHH. Copyright: Janna Zurheiden / MHH

Auf Station 48 spielt Schlaf eine besondere Rolle. Deshalb wird er genauestens überwacht. Mit allen möglichen Kabeln, Sensoren, Masken und einer Kamera, die an der Decke hängt. Es gilt mit all diesen Hilfsmitteln rauszufinden, was genau den Patient:innen fehlt und wie ihnen geholfen werden kann. Das ist oberste Priorität im interdisziplinären Schlaflabor der MHH.

Die meisten Menschen, die dort untersucht werden, leiden unter Schlafapnoe, Atemaussetzern im Schlaf. „Schnarchen allein reicht nicht als Grund für einen Aufenthalt“, betont Dr. Katrin Meyer, Leiterin des Labors.

Und dass es trotzdem sehr viele Menschen gibt, die dort hinkommen, zeigt sich an der Belegung. „Wir sind komplett voll mit Wartezeiten von etwa einem Jahr, alle vier Betten sind stets verplant, und wir arbeiten sieben Tage in der Woche“, erzählt Meyer. Einen Termin dort zu bekommen, sei nicht einfach und an Bedingungen geknüpft. Im Vorfeld muss eine ambulante Polygraphie gemacht werden – dabei handelt es sich um eine Art mobiles Schlaflabor für zu Hause. Dieses Verfahren gibt Aufschluss, ob eine weitere Abklärung vonnöten ist, ob jemand unter einer Schlafapnoe leidet und wie dringend oder bedrohlich diese ist. „Das machen Pneumolog:innen oder HNO-Ärzt:innen, manchmal auch Haus- oder andere Fachärzt:innen.“ Erst im Anschluss daran kann mit einer Überweisung ein Termin im Schlaflabor vereinbart werden.

Schlafapnoe ist stark unterdiagnostiziert

„Es gibt natürlich dringende Fälle, die eher drankommen“, sagt Meyer. Als Beispiel nennt sie Fernfahrer, die unter starker Müdigkeit ihrem Job nicht nachgehen können und deshalb akut Hilfe brauchen. Doch in den meisten Fällen, sagt Meyer, leben Menschen mit dieser Erkrankung, ohne viel von ihr zu bemerken. „Sie ist stark unterdiagnostiziert. Bei manchen zeigen sich gar keine Symptome.“

Bei anderen sind diese jedoch so belastend und quälend, dass etwas passieren muss – denn auf Dauer steigt auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein typisches Symptom für eine Schlafapnoe ist starke und anhaltende Schläfrigkeit mit ungewolltem Einschlafen. Oft schnarchen Patient:innen mit Schlafapnoe auch. Zum Teil wird durch die erschlaffte Muskulatur der oberen Atemwege der Körper nicht vernünftig mit Sauerstoff versorgt. Weitere mögliche Symptome bei einer Schlafapnoe sind Ein- und Durchschlafstörungen. Aufgrund der Atemaussetzer in der Nacht ist der Körper sozusagen ständig in Alarmbereitschaft, kommt nicht zur Ruhe und kann sich nicht erholen. Hält dieser Zustand länger an, können auch psychische Erkrankungen folgen.

Therapiemöglichkeiten bei Schlafapnoe: Vom Tennisball bis zur Sauerstoffzufuhr

Im Schlaflabor werden mögliche Ursachen der Schlafapnoe abgeklärt. „Manchmal liegt es nur daran, dass jemand übergewichtig ist“, erklärt Meyer. Abnehmen könne das Problem in einigen Fällen beheben. Weiterhin gibt es lagebedingte Schlafapnoe. „Es gibt Leute, bei denen das zum Beispiel nur passiert, wenn sie auf dem Rücken schlafen“, führt Meyer aus. In diesen Fällen kann eine Verhinderung der Rückenlage eine effektive Therapie darstellen. Früher habe man sich einen Tennisball ins T-Shirt geschoben – das hat dann häufig zu orthopädischen Problemen geführt.  Auch heute noch kann man mit einer Art Schaumstoffkissen im Rücken versuchen zu verhindern, dass man sich nachts dreht. „Immer nur auf einer Seite zu schlafen, führt aber häufig zu Schulterschmerzen.“ Relativ gut funktioniere eine Art Gurt, der immer dann vibriere, wenn man auf dem Rücken liegt.

Wenn der Grund und das Ausmaß abgeklärt wurden, kommt in der zweiten Nacht im Schlaflabor meist eine Maske als Therapie zum Einsatz. Diese hält den Atemweg mit einem Überdruck offen, um zu erreichen, dass die eingeatmete Luft auch in der Lunge ankommt. „Dies ist die Standardtherapie der obstruktiven Schlafapnoe, und sie ist meist erfolgreich.“ Hierbei zeigt sich oft schon bald ein merkbarer Effekt. Die Patient:innen sind zwar nicht geheilt, haben aber einen Weg gefunden, gut mit ihrer Erkrankung zu leben.

In manchen Fällen kann auch eine „Zahnschiene“ eine Therapiealternative sein. Eine sogenannte Unterkieferprotrusionsschiene schiebt den Unterkiefer in der Nacht nach vorne und führt damit zu mehr Raum im Atemweg, erklärt Meyer.

Insomnie allein ist kein Grund fürs Schlaflabor

Die Überwachung in der Nacht und das Sicherstellen, dass alle Messgeräte ihren Job machen, übernehmen speziell geschulte Nachtwachen, häufig Medizinstudierende. „Die müssen natürlich verstehen, was sie da tun und warum sie es tun“, erläutert Meyer. Ein gutes Verständnis hilft beispielsweise zu entscheiden, ob eine ausgewählte Maske in der Nacht nachjustiert oder gewechselt werden muss. „Aktuell haben wir ein sehr gutes Team“, die Leitung des nicht-ärztlichen Personals hat Nicole Lehmann inne.

Wer im Schlaflabor untersucht werden möchte, braucht einen triftigen Grund und im Regelfall auch eine vorhergehende Polygraphie. Viele meinen, mit Insomnie (also Ein- und Durchschlafstörungen) dort an der richtigen Adresse zu sein – diese lasse sich jedoch oft schon von niedergelassenen Ärzt:innen sowohl diagnostizieren als auch behandeln. Wenn trotzdem jemand mit Insomnie ins Schlaflabor geschickt wird, gehe es darum, Ursachen wie Atemstörungen auszuschließen. „Nach Ausschluss behandelbarer Ursachen stellt die kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie eine mögliche Therapieform dar“, sagt Meyer. Und sich darum zu bemühen, gut zu schlafen, sei in welcher Form auch immer wichtig. Gesunder Schlaf und erholsame Nächte sind extrem bedeutsam für Körper und Geist. Das gilt nicht bloß im Schlaflabor, sondern auf allen Stationen.

Text: Janna Zurheiden