ADAPT-HEAT

Hitzesensible Medikationsanpassung (Adaptation of drug therapy during hot seasons)

Hintergrund

In den vergangenen Jahren konnte eine Zunahme der Hitze und der Zahl extremer Hitzeereignisse weltweit und in Deutschland beobachtet werden. Im Zuge des Klimawandels ist zu erwarten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Extreme Hitzeereignisse sind mit vielfältigen Gesundheitsrisiken verbunden und können fatale Folgen haben: In den Jahren 2018–2020 wurden laut Robert-Koch-Institut in Deutschland rund 20.000 Todesfälle in Zusammenhang mit Hitze gebracht. Medikamente können hitzebedingte Gesundheitsrisiken verstärken und z.B. die Anpassungsfähigkeit des Menschen an Hitze beeinträchtigen. So hemmen manche Medikamente die Schweißproduktion, vermindern die Hautdurchblutung oder reduzieren das Durstgefühl. Betroffen sind beispielsweise Menschen mit mehreren Erkrankungen (Multimorbidität), bei denen sich in Hitzeperioden die Wirkweise von Medikamenten verändern kann. Dennoch nehmen Ärzt*innen in Hitzeperioden bisher eher selten Medikationsanpassungen bei ihren Patient*innen vor.

 

Ziele

Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es, evidenzbasierte, konsentierte und sektorenübergreifend gültige Empfehlungen zur hitzesensiblen Medikationsanpassung zu entwickeln, in der Praxis zu testen und zu verbreiten, um hitzebedingten Gesundheitsstörungen vorzubeugen. Das Projekt leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Anpassungsstrategien für die Gesundheitsversorgung an den Klimawandel.


Abbildung 1. Projektübersicht ADAPT-HEAT

Methoden

Die Konsortialführung für das Projekt ADAPT-HEAT liegt beim Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Köln. Die Institute für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin sowie für Klinische Pharmakologie der MHH und die PMV Forschungsgruppe Köln werden als Konsortialpartner aktiv.

Im Rahmen des Projekts ADAPT-HEAT wird eine CALOR-Liste (calor = lat. Hitze) entwickelt, die eine Übersicht über relevante Medikamente und Empfehlungen zur Medikationsanpassung bei Hitze gibt. Dabei wird zunächst anhand von Ergebnissen einer umfassenden Literaturrecherche (AP 1.1) ein erster Entwurf der Liste erstellt. Wie relevant der Einfluss bestimmter Medikamente auf die Gesundheit in Hitzeperioden ist, untersucht das Projektteam außerdem anhand von Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherung und Wetterdaten vergangener Jahre (AP 1.2). Eine Expert*innenrunde erstellt in einem Delphi-Verfahren die finale CALOR-Liste (AP 1.3). Während der warmen Sommermonate im Jahr 2025 testen Ärzt*innen, Pflegende sowie Apotheker*innen die Liste in der Praxis (AP 2.1). Im Anschluss überprüft eine Gruppe von Expert*innen den Einsatz der Liste und überarbeitet sie anhand der Praxiserfahrungen (AP 2.2). Um Patient*innen einen Zugang zu dieser Liste zu ermöglichen, werden die wesentlichen Empfehlungen in Form von Broschüren und Videoclips zusammengefasst (AP 3). Abbildung 1 zeigt eine Übersicht über die Arbeitspakete im Projekt ADAPT-HEAT.

Inhaltlicher Schwerpunkt am Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin der MHH liegt bei dem Delphi-Verfahren (AP 1.3). Ein Delphi-Verfahren ist ein mehrstufiges Bewertungsverfahren, welches als Online-Befragung über das Befragungstool SoSciSurvey durchgeführt wird. Grundlage ist die im Rahmen der Evidenzsynthese und verknüpften Datenanalyse entwickelte und angepasste CALOR-Liste. Insgesamt 20–30 Expert:innen werden in den Delphi-Befragungsrunden gebeten, die vorab identifizierten Medikamente und Anpassungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer Relevanz und Umsetzbarkeit zu bewerten. Am Ende dieses Verfahrens stehen konsentierte Empfehlungen für die hitzesensible Medikationsanpassung mit Praxisnähe und Relevanz.


Relevanz der erwarteten Ergebnisse

Im Erfolgsfall steht sowohl medizinischen Fachkräften als auch Patient*innen eine evidenzbasierte Übersicht für die hitzesensible Medikationsanpassung mit klaren Empfehlungen zur Verfügung. Darüber hinaus wird die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung gefördert und die Implementierung der CALOR-Liste in die Versorgung verbessert die Sicherheit von Patient*innen.

Zudem trägt das Projekt dazu bei, die Verknüpfung von GKV-Routinedaten mit Klima- und Wetterdaten in Deutschland zu etablieren. Dies kann wegweisend für zukünftige Forschungsprojekte im Kontext von Klimawandel und Gesundheit sein.

Förderung

Das Projekt wird vom Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesauschuss gefördert (Förderkennzeichen 01VSF23016; Förderzeitraum 01.01.2024 bis 31.12.2026).

 

Konsortialführung

Prof. Dr. Beate Müller und Dr. Maxie Bunz, Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Köln

Konsortialpartner*innen

Dr. Katharina van Baal und Prof. Dr. Olaf Krause, Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin, MHH

Ingo Meyer, PMV Forschungsgruppe, Köln

Dr. Johannes Heck, Institut für Klinische Pharmakologie, MHH

Kooperationspartner*innen

Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe

 

Kontakt zum ADAPT-HEAT-Projektteam am Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin

Dr. Katharina van Baal (Projektleitung)

Prof. Dr. Olaf Krause (stellv. Projektleitung)

Christina Princk (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

 

Anschrift

Medizinische Hochschule Hannover

Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin

Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover