Mein JA zum Leben

Mareike, 30 Jahre alt, seit 17 Jahren nierentransplantiert

Mareike mit einem schwarzen Regenschirm und einem roten Herzluftballon in der Hand. Copyright: privat
Copyright: privat

 

 

Jeden Tag aufstehen? Sehr gerne!

Zur Arbeit fahren? Mit Freude!

Sport machen? Unbedingt!

Freunde treffen? Ganz normal!

Schokolade essen? Nie mehr ohne!

Tabletten nehmen? Ohne Frage!

Dankbarkeit spüren? Jeden einzelnen Moment!

Glücklich sein? Definitiv!

Eine Organspende? Das größte Geschenk.

Leben? JA!


Arztbesuche, Spritzen, Tabletten, Diäten, Verbote, Einschränkungen, Sorgen, Krankenhausbesuche.

Viele Fragen tauchen auf, wenn Menschen von mir und meiner Nierentransplantation erfahren. Einige Fragen lassen sich schnell und einfach beantworten. Bei anderen wiederum ist es manchmal nicht so leicht, meine Gedanken und Gefühle zu äußern.
Ich war 10 Jahre alt, als beide Nieren bei mir versagten. Warum? Keine Ahnung. Aber es bedeutete damals viele Fragen, Unsicherheiten und eine der größten Lebensumstellungen in meiner Familie.
Als Handballfamilie bekannt mussten meine Eltern, drei Geschwister und ich alles Bekannte umkrempeln. Mein Zimmer wurde für die Dialyse eingerichtet. Der große Bruder schleppte regelmäßig Kisten mit Verbandsmaterial in das Haus. Die zwei Schwestern konnten nicht mehr ungefragt ins Zimmer stürmen. Desinfektionsmittel im Bad. Plastikmüll der Bachfelldialyse in den Mülltonnen der Nachbarschaft. Arztbesuche, Spritzen, Tabletten, Diäten, Verbote, Einschränkungen, Sorgen, Krankenhausbesuche. All das bestimmte damals mein Leben. Aber auch Hoffnung, Liebe, Fürsorge und Verständnis waren da. Ganze dreieinhalb Jahre lang. Und dann kam endlich im Juli 2004 der Tag der Erlösung.

Der Anruf kam nachts und mein Bruder nahm ihm damals entgegen. „Wir haben ein Geschenk für Mareike. Es ist eine Spenderniere da.“ Mein Vater und ich fuhren damals sofort los. Im Gepäck? Hoffnung, Glaube, Ängste und viele Gefühle. Doch tatsächlich klappte alles wunderbar. Die Chirurgen der MHH leisteten unglaubliches. Die Niere nahm zügig ihre Tätigkeit auf, und es ging mir schnell besser. Und das bis zum heutigen Tag!

 

Es ist ein Gefühl der tiefen Dankbarkeit.

Jedes Mal, wenn ich meine Tabletten nehme, wandern meine Gedanken für einen Moment zu meiner Organspende und, was sie mir bedeutet. Es ist ein Gefühl der tiefen Dankbarkeit. Und diese umfasst so vieles. Angefangen bei der Familie, die damals ihr Kind verloren und sich für eine Organspende entschieden hast. Leider kann mein Dank sie nicht persönlich erreichen. Ich kann ihnen nicht ins Gesicht sagen, wie gut es mir, dank ihrer Entscheidung, geht. Ich kann ihnen keine Gesten der Dankbarkeit übermitteln. Zumindest nicht auf dem direkten Weg. Aber ich kann meine Dankbarkeit ausdrücken, indem ich die Niere, ihr Geschenk für mein Leben, wertschätze und mein Leben jeden Tag bewusst auskoste und lebe. Ich sage ihnen Danke mit meinem JA zum Leben.

 

Ich sage: „Ja zum Leben.“ Und was sagst du?

Meine Dankbarkeit umfasst auch die Ärzte*nnen, das Transplantationsteam, die Krankenschwestern- und Pfleger, die Apotheker*innen, den Verein nierenkranker Kinder, die Menschen, die die Immunsuppressiva weiterentwickeln, in der Forschung arbeiten, sich für Organspende stark machen. Dank ihrem Engagement gibt es so viel, was ich erleben darf. Was ich, da bin ich mir sicher, auch mit einer anderen Intensivität erleben darf als so manch anderer, der sich mit dem Thema noch nie befasst hat. Dank Ihnen kann ich ein fast normales Leben führen. Mit einer großartigen Familie, wundervollen Freunde, einem Beruf, der mich begeistert und vor allem Gesundheit. Mein Name ist Mareike. Ich bin heute 30 Jahre alt, Lehrerin, seit 17 Jahren transplantiert und sage: „Ja zum Leben.“ Und was sagst du?