Lungentransplantation

bei Kindern und Jugendlichen

Informationen für Eltern und Patienten

In unserer Abteilung werden Kinder und Jugendliche mit Ihren Familien vorgestellt, wenn eine so schwere Lungenerkrankung oder Lungen- und Herzerkrankung vorliegt, dass eine Lungentransplantation (selten: kombinierte Lungen- und Herztransplantation) als Therapieoption erwogen wird. Dies stellt für die Betroffenen häufig eine erhebliche Belastung dar, da ein neues Behandlungszentrum mit noch unbekanntem Personal, neue Anforderungen und umfangreiche Untersuchungen sowie die Sorge vor einem großen operativen Eingriff auf Sie zukommen.

Es ist sinnvoll, bei einer fortschreitenden Lungenerkrankung frühzeitig mit uns Kontakt aufzunehmen, um genügend Zeit zum gegenseitigen Kennenlernen und zur guten Planung zu haben, falls eine Transplantation nötig wird. Immer wieder kommt es jedoch auch vor, dass bei einem plötzlich schwer erkrankten Kind eine Transplantation erwogen wird, ohne dass viel Zeit für eine vorherige Beschäftigung mit diesem Thema verbleibt. Die Anfrage oder Vorstellung im Transplantationszentrum ist nicht mit einer Festlegung auf die Transplantation als Therapieoption verbunden.

In der Regel werden wir von Ihrem behandelnden Arzt kontaktiert, da wir vorab umfangreiche Unterlagen benötigen. Unabhängig davon können Sie uns auch über unser Kontaktformular kontaktieren.

Ziele und Voraussetzungen

In der Regel sollte dann über eine Lungentransplantation nachgedacht werden, wenn die zugrundeliegende Erkrankung trotz Einsatz aller verfügbaren Therapiemöglichkeiten weiter fortschreitet, die Belastbarkeit im Alltag bereits erheblich herabgesetzt ist und dadurch alltägliche Aktivitäten nur noch unter größeren Mühen oder gar nicht mehr möglich sind und wenn die fortschreitende Verschlechterung der Lungenfunktion Sorgen um das Überleben aufkommen lässt. Entsprechend sind die Ziele der Transplantation

  • die Verbesserung der Lebensqualität und
  • ein längeres Überleben als ohne Transplantation.

Das Erreichen beider Ziele ist bei sorgfältiger Auswahl der Patienten (wer ist für eine Transplantation geeignet?) und sorgfältiger Planung des Listungszeitpunktes zwar sehr wahrscheinlich, kann aber individuell nie garantiert werden. Die Größe der Operation kann zu vielfältigen Komplikationen führen. Daher ist eine Transplantation nur dann zu erwägen, wenn sämtliche therapeutische Alternativen ausgeschöpft sind und der wahrscheinliche Nutzen einer Transplantation größer als das Risiko ist. Umgekehrt darf eine Transplantation nicht durchgeführt werden, wenn die oben genannten Ziele  voraussichtlich nicht zu erreichen sind. Neben medizinischen Gründen, die den Transplantationserfolg unwahrscheinlich machen (wie z.B.  Infektionen mit bestimmten nicht behandelbaren Keimen), kann es dafür auch Gründe im Verhalten des Patienten geben, z.B. wenn dieser nicht in der Lage ist, die lebensnotwendige Therapie nach Transplantation zuverlässig durchzuführen. Anders als bei der Behandlung der ursprünglichen Erkrankung, bei der ärztliche Verordnungen Empfehlungen  darstellen, gehen bei einer Transplantation die Beteiligten einen Therapievertrag ein.  Dieser beinhaltet, dass sich Patient und Eltern verpflichten, die auf die medizinischen Notwendig­keiten angepasste und vom Transplant-Team verordnete Therapie vollständig umzusetzen. Auch wenn häufig der Therapieaufwand nach Transplantation kleiner ist als davor, ist die genaue Umsetzung der lebenslangen Behandlung zwingend erforderlich, um den Transplantationserfolg zu sichern. Die exakte Einhaltung dieser Verordnungen liegt nicht nur im eigenen Interesse, sondern gebietet sich auch in Verantwortung gegenüber dem Organspender und dessen Familie sowie gegenüber anderen Patienten auf der Warteliste, die das transplantierte Organ nicht erhalten haben.

Transplantationsevaluation – die Vorstellung in der Pädiatrischen Pneumologie an der MHH

Vor der Entscheidung für oder gegen eine Transplantation ist eine gründliche Untersuchung der individuellen Situation notwendig, um die bestmögliche Therapie festlegen zu können. Die bestmögliche Therapie ist die, bei der das Kind und seine Familie die sich selbst gesetzten gesundheitlichen Ziele am besten erreichen oder ihnen nahekommen kann. Da diese Ziele bei verschiedenen Patienten sehr unterschiedlich sein können, kann eine so aufwändige wie lebensverändernde Therapie wie die Transplantation nie ohne Berücksichtigung dieser individuellen Bedürfnisse entschieden werden. Zusätzlich ist zu beachten, dass sich die Ziele des Kindes oder Jugendlichen von denen der Eltern (oder anderer Familienangehörigen) unterscheiden können.

Daher sollte nicht schon bei der ersten Vorstellung an der Kinderklinik der MHH das Ziel verfolgt werden, sich definitiv für oder gegen eine Transplantation zu entscheiden. Vielmehr werden wir gemeinsam mit Ihnen und Ihrem Kind versuchen, das für Ihre persönliche Situation bestmögliche Vorgehen zu finden. Sollte sich herausstellen, dass eine Transplantation nicht das geeignete Verfahren ist, werden wir gemeinsam festlegen, wie weiter verfahren werden kann. Entscheiden sich die Beteiligten für eine Transplantation, planen wir den optimalen Listungszeitpunkt sowie die notwendige Therapie bis zur Transplantation.

Zur Vorbereitung des Aufenthaltes in unserer Klinik werden wir zunächst ausführliche Informationen aus der Heimatambulanz anfordern und dann einen etwa 10-14tägigen stationären Aufenthalt in unserer Klinik anbieten. Während dieses Aufenthaltes werden viele Ihnen bereits bekannte Untersuchungen erfolgen (Lungenfunktionstestungen, Gehtest, Ultraschall-, Röntgen- und Blutuntersuchungen etc.). Der stationäre Aufenthalt dient aber vor allem dem gegenseitigen Kennenlernen, dem Informationsaustausch und – soweit möglich – der Optimierung der bisher durchgeführten Therapie. Hierfür werden Sie die Mitarbeiter aus allen Fachrichtungen des Transplant-Teams kennen lernen.

Für viele Patienten und ihre Eltern ist diese Vorstellung in unserer Klinik mit Sorgen und Ängsten besetzt. Zum einen handelt es sich für viele um den ersten Kontakt mit uns und damit einem unbekannten medizinischen Team, zum anderen steht eine weitreichende Entscheidung an. Um den daraus resultierenden Druck zu vermindern, streben wir bei der Erstvorstellung keine Entscheidung für oder gegen eine Transplantation an, sondern empfehlen in der Regel, die neuen Informationen nach dem stationären Aufenthalt zuhause im Familienkreis, mit Freunden und ggf. auch mit der Heimatambulanz zu diskutieren. Für den Fall einer Entscheidung für eine Transplantation, aber auch bei weiterem Informationsbedarf wird dann eine erneute Vorstellung erfolgen. Selten ist ein Kind so schwer krank (z.B. Behandlung auf der Intensivstation einer anderen Klinik), dass eine Verlegung zu uns nicht direkt erfolgen kann und wir daher zunächst nur die Eltern für ein Aufklärungsgespräch zu uns einladen. Es ist jedoch immer eine Untersuchung des Kindes durch einen Arzt aus dem Transplantationsteam nötig, bevor eine Listung zur Transplantation möglich ist.

Die Transplantation stellt für die meisten Patienten und ihre Familien eine tiefgreifende Veränderung im bisherigen Leben dar.  Die Begleitung durch unser psychosoziales Team ist bei uns sowohl in der Entscheidungsfindungsphase vor Transplantation wie auch im Verlauf danach ein zentraler Bestandteil der medizinischen Betreuung.  Diese ersetzt aber nicht eine häufig sinnvolle heimatnahe, engmaschige psychologische Begleitung oder Gesprächstherapie.

Wir werden Ihnen nie eine Transplantation empfehlen oder nahelegen, wenn Sie dies nicht selbst wünschen. Anders als bei vielen anderen Therapien ist die Entscheidung für oder gegen eine Transplantation sehr individuell – es gibt hier keine richtige oder falsche Entscheidung. Eine Transplantation ist grundsätzlich nur dann möglich und sinnvoll, wenn sich alle Beteiligten, also das Kind bzw. die oder der Jugendliche, die Eltern und das Behandlerteam klar dafür entscheiden und sie als erfolgsversprechend ansehen. Diese Entscheidung ist häufig schwierig und unter den Beteiligten (v.a. Kind und Eltern) nicht immer einhellig. Umso wichtiger ist es, dass jeder am Entscheidungsprozess Beteiligte die Möglichkeit bekommt, seine Hoffnungen, Wünsche und Sorgen zu äußern und diese angemessen berücksichtigt werden.

Bitte notieren Sie auch schon vor der Vorstellung gemeinsam alle Fragen, die Sie als Familie zum Thema Transplantation haben.

Unterlagen