Aus der MHH

„Ich sehe mehr Chancen als Risiken“

MHH-Vizepräsidentin Martina Saurin im Interview über ihre Zuversicht, dass es für die MHH gerade echt vorangeht.

Martina Saurin steht auf dem Stadtfelddamm am MHH-Campus und hält eine Karte mit den möglichen Trassenverläufen in beiden Händen.

Martina Saurin: „Nicht jeder Trassenverlauf für den dritten Stadtbahnanschluss ist auch für die MHH gut.“

Frau Saurin, die wirtschaftliche Situation der MHH ist schwierig, trotzdem werden das Sommerfest und der MHH-Geburtstag gefeiert. Außerdem hat die MHH auch in diesem Jahr wieder Dutzende von Staffelteams beim Hannover-Marathon ins Rennen geschickt. Wie passt das zusammen?

Die ökonomisch schwierige Situation der Krankenhäuser und ganz besonders der Unikliniken in Deutschland betrifft leider auch die MHH. Das liegt daran, dass unsere hochspezialisierten Leistungen über die Fallpauschalen nicht vollständig refinanziert werden. Im Vergleich zu anderen Uniklinika steht die MHH aber noch relativ gut da. Unsere wirtschaftliche Situation können wir nur mit hochmotivierten und engagierten Mitarbeitenden verbessern. Solche Events wie der Marathon, der übrigens von unserer Förderstiftung MHH plus gesponsert wird, das Sommerfest oder die Geburtstagsfeier stärken die Identifikation der Mitarbeitenden mit der MHH. Mir sind sie ein wichtiges Anliegen, weil der soziale Zusammenhalt in der heutigen Zeit so wichtig ist. Der MHH-Teamspirit, also die Zusammenarbeit aller Professionen auf dem Campus, ist ein essenzieller Erfolgsfaktor.

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Unsere MHH-Kita – die Kita Campuskinder – braucht ein neues Gebäude. Wie geht das Projekt voran?

Es ist mein persönliches Ziel, dieses Projekt möglichst bald umzusetzen. Leider gilt das Gebäude für die Campuskinder weder als Bau für Forschung und Lehre, noch als Krankenhausbau, weshalb wir kein Geld vom Land dafür bekommen. Wir sind deshalb auf der Suche nach einem Investor, der uns ganz in der Nähe der jetzigen Kita ein Gebäude hinstellt, das wir dann für die Campuskinder mieten können. Ich kann verraten, dass wir da schon sehr weit fortgeschritten sind. Um diese Mietkosten so gering wie möglich zu halten, möchte die MHH einen Eigenanteil einbringen. Wir wollen die gesamten Außenanlagen gestalten. Mit ganz starker Unterstützung der Förderstiftung haben wir schon tolle Großspenden bekommen. Ein ehemaliger Wissenschaftler der Hochschule hat 500.000 Euro zur Verfügung gestellt. Zusammen mit einer Erbschaft und dem Geld aus verschiedenen Spendenaktionen ist gerade die Millionenmarke geknackt worden. Auch diverse Beschäftigte haben auch schon gespendet. Wir nehmen jeden Euro gern, denn jeder Euro zählt.

Die Entlastungsvereinbarung, die Beschäftigte in der Krankenversorgung zusammen mit der Gewerkschaft Verdi erkämpft haben, ist am 1. April in Kraft getreten. Welche Erwartungen verbinden Sie damit?

Die E-VE ist ein weiterer wichtiger Baustein, mit dem sich die MHH als attraktive Arbeitgeberin positioniert. Im Moment ist erst einmal die technische Umsetzung eine gigantische Herausforderung. Mehr als ein Dutzend andere Unikliniken stehen vor derselben Herausforderung. Nach unseren Recherchen hat es bisher niemand geschafft, soetwas technisch automatisiert umzusetzen. In weiten Teilen ist uns die Umsetzung schon gelungen: Alles, was in Polypoint abgebildet werden kann, haben wir schon umgesetzt. Daran, dass die Schnittstelle zu SAP funktioniert, wird gearbeitet. Mit der Umsetzung der E-VE können Leistungseinschränkungen notwendig werden; und in jedem Fall – auch wenn wir zusätzliches Personal finden – werden die finanziellen Auswirkungen das Ergebnis der MHH weiter in ein hohes Defizit treiben. Nichtsdestotrotz bin ich zuversichtlich, dass wir mit dem Entlastungsversprechen als Arbeitgeberin attraktiver werden.

Sie haben gerade SAP erwähnt. Da haben Sie ein richtig großes Projekt vor. Worum geht es dabei?

Das Projekt heißt tranS/4mation, und es geht darum, dass wir alle unsere administrativen Prozesse – im Einkauf, im Personalmanagement, im Controlling und so weiter – grundlegend modernisieren. Die laufen bei uns aktuell in SAP R/3. Das System ist veraltet. Deshalb werden wir es ersetzen durch SAP S/4HANA. Viele Abläufe werden komplett neu konzeptioniert, werden schlanker und schneller gemacht. Wir haben die große Chance, effiziente, transparente und digital durchgängige Prozesse zu bekommen. Alles soll aus einem Guss sein. Damit das gelingt, muss ein Umdenken in allen beteiligten Bereihcen stattfinden. Parallel zu dem IT-Projekt läuft also auch ein großes Organisationsprojekt. Daran arbeitet ein sehr engagiertes Projektteam. Wir wollen damit Ende 2026 fertig sein.

Die MHH hat den Zuschuss zum Jobticket beziehungsweise zum Deutschlandticket zu Jahresbeginn gestrichen. Warum?

Mir ist bewusst, dass diese Entscheidung viele Mitarbeitende getroffen hat. Leider konnten wir uns auf eine alte Regelung, die wir als eine Ausnahmeregelung für die MHH interpretiert hatten, aufgrund geänderter Bedingungen nicht mehr berufen. Unser Zuschuss wird vom Land Niedersachsen als außertarifliche Zulage interpretiert, die Landesbetriebe nicht gewähren dürfen. Ich bedauere das außerordentlich.

Vom Jobticket gleich zum nächsten ÖPNV-Thema: Wird es mit dem Neubau auch eine neue Stadtbahnhaltestelle für die MHH geben?

Das wäre natürlich großartig! Im Winter fahre ich selbst mit der Stadtbahn, und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist zu unbedingt begrüßen. Aber ich bin vor allem für die MHH als herausragende medizinische Hochschule zuständig und werde keine Maßnahmen unterstützen, die unsere Tätigkeit einschränkt oder die Patientinnen und Patienten, Besucherinnen und Besucher oder Mitarbeitenden behindern. Und deshalb ist nicht jeder Trassenverlauf, der bisher diskutiert wurde, auch für die MHH gut. Ich hoffe sehr, dass die Politik letzten Endes eine für alle vertretbare Entscheidung trifft.

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Apropos Politik, Sie engagieren sich im VUD. Warum?

Ich bin seit 2021 im Vorstand des VUD, des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands, weil ich glaube, dass Universitätskliniken anders sind als normale Maximalversorger; sie haben eine andere Aufgabe, und dafür müssen sie auch anders finanziert werden. Das ist der Grund, warum ich mich im VUD engagiere. Deshalb freue ich mich sehr, dass ich gerade zur zweiten Vorsitzenden gewählt worden bin.

Was ist Ihr Wunsch für die MHH?

Wir arbeiten ja gerade an einem Antrag, um eine Exzellenzuniversität zu werden. Um das zu erreichen, haben wir noch einiges zu tun. Wir müssen unsere IT-Landschaft modernisieren. Über tranS/4mation haben wir ja schon gesprochen. Auch in der Krankenversorgung wird das bestehende System gerade abgelöst. Wenn das beides geschafft ist, machen wir einen Quantensprung. Parallel müssen wir die Bauprojekte voranbringen. Damit sind wir schon auf einem guten Weg – sowohl, was den Neubau betrifft, als auch die Baumaßnahmen auf dem Campus. Insgesamt sehe ich mehr Chancen als Risiken. Und das macht mich so zuversichtlich, dass es für die MHH echt vorangeht. Wenn wir das noch kombinieren können mit ein bisschen mehr unternehmerischem Denken und Wagemut, dann sehe ich für die MHH eine sehr positive Zukunft.

Die Fragen stellte Inka Burow.