AG Kraft

Hypertrophe Kardiomyopathie: Contractile Imbalance als zentraler Pathomechanismus? Untersuchungen an humanem Myokard und zellulären Modellen.

 

Forschungsschwerpunkt

Eines unserer zentralen Ziele ist es, aufzuklären, wie Mutationen in sarkomerischen Proteinen die Sarkomerfunktion in Kardiomyozyten stören und zum Krankheitsbild der Hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) führen können.

Richtungsweisend ist unsere Beobachtung, dass durch HCM-Mutationen verursachte funktionelle Veränderungen im Myokard betroffener heterozygoter Patienten von Zelle zu Zelle sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Manche Kardiomyozyten zeigten beispielsweise bei physiologischer Calciumkonzentration deutlich reduzierte Kraftentwicklung, während sich andere bei gleichem Calcium wie gesunde Kardiomyozyten verhielten, als ob in diesen Zellen kein mutiertes Protein exprimiert wurde. Inzwischen konnten wir für β-kardiales Myosin (β-MyHC) und kardiales Troponin I (cTnI) zeigen, dass in den einzelnen Kardiomyozyten von HCM-Patienten höchst unterschiedliche Anteile an mutierter und Wildtyp-mRNA exprimiert werden. Dies führt höchstwahrscheinlich zu entsprechend unterschiedlichen Anteilen an mutiertem und Wildtyp-Protein und damit zu der beobachteten Variabilität der biomechanischen Funktion. Unsere Hypothese ist, dass die resultierende funktionelle Variabilität zwischen benachbarten Kardiomyozyten im zellulären Netzwerk des Myokards Distorsionen der Zellen verursacht, die zu typischen Merkmalen der HCM wie zelluläres und myofibrilläres Disarray, Hypertrophie und Fibrose führen („contractile imbalance“ Hypothese).

Inzwischen konnten wir zeigen, dass die Zell-zu-Zell Variabilität des Anteils an mutierter mRNA höchstwahrscheinlich darauf beruht, dass mutiertes und Wildtyp-Allel unabhängig voneinander in zufälligen bursts transkribiert werden. Modellrechnungen bestätigten die Hypothese, dass eine unabhängige, burst-like Transkription der beiden Allele zu unterschiedlichen Anteilen an mutiertem und Wildtyp-Protein in den einzelnen Kardiomyozyten und damit zur beobachteten funktionellen Variabilität führen kann. Nach diesem Konzept kann eine Mutation in einem sarkomerischen oder auch nicht-sarkomerischen Protein (z.B. Kinasen), die eine Änderung der biomechanischen Funktion des Sarkomers/der Myofibrillen zur Folge hat, über zufällige, burst-like Transkription zu funktionellem Ungleichgewicht zwischen einzelnen Kardiomyozyten führen und somit zur Entwicklung einer HCM beitragen.

Ziele sind, die primären funktionellen Auswirkungen von HCM-Mutationen in weiteren sarkomerischen Proteinen auf molekularer Ebene durch Untersuchungen an Myokardgewebe von HCM-Patienten zu identifizieren und von Zelle zu Zelle zu charakterisieren. Weiterhin analysieren wir auf Einzelzellebene Veränderungen in Signalwegen, die aufgrund der contractile imbalance induziert werden und zu Hypertrophie und Fibrosierung führen können. Von großer Bedeutung ist schließlich, Mechanismen der burst-likeTranskription der betroffenen Gene für sarkomerische Proteine in Kardiomyozyten aufzuklären, um die Expression modulieren zu können und neue therapeutische Targets zu identifizieren.

Diese Punkte werden zusammen mit den AGs Montag und Iorga an Gewebe aus dem Myokard von HCM-Patienten sowie an zellulären Modellen, die auf stammzell-abgeleiteten Kardiomyozyten mit HCM-Mutationen basieren, untersucht. Zudem arbeiten wir mit AG Montag an einem Schweinemodell für die HCM mit einer Punktmutation im β-kardialen Myosin, um vor allem auch longitudinal den Krankheitsverlauf auf verschiedenen Ebenen untersuchen zu können. Sowohl Zellkulturmodelle als auch Tiermodell ermöglichen es uns, nicht nur die contractile imbalance Hypothese weiter zu untersuchen, sondern auch neue pharmakologische Interventionsmöglichkeiten zur frühen Prävention der Entwicklung der HCM abzuleiten. Nicht zuletzt gewinnen wir durch Untersuchungen der primären funktionellen Auswirkungen von HCM-Mutationen auch Einblicke in die Relevanz der einzelnen Proteine bzw. ihrer Subdomänen für die Funktion des Sarkomers.

 

 

Gruppenmitglieder

Prof. Dr. rer. nat. Theresia Kraft

Dipl. Ing. (FH) Edgar Becker

Dipl. Ing. (FH) Faramarz Matinmehr

Dr. rer.nat. Ante Radocaj


Publikationen
Allgemeine Publikationsliste des Instituts

 

Lehre

  • Vorlesung „Physiologie und physikalische Grundlagen der Medizin“ für Studierende der Humanmedizin (HM) und Zahnmedizin (ZM) im 1. und 2. Studienjahr zu den Themen Skelettmuskel, glatter Muskel, vegetatives Nervensystem, Herz, Blut, Säure-Basen-Haushalt, Energieumsatz, Leistungsphysiologie
  • Vorlesung „Klinische Medizin 1“ für Studierende der HM (3. Studienjahr) zu den Themen Thrombose/Embolie, Pneumonie, Herzinsuffizienz
  • Vorlesung „Physiologie“ im Fächerübergreifenden Bachelor Biologie der LUH, TiHo, MHH zu den Themen Muskel, Herz
  • Vorlesung „Physiologie“ im Masterstudiengang Biomedizin der MHH zu den Themen Vegetatives Nervensystem, Herz
  • Praktikum „Physiologie und physikalische Grundlagen der Medizin“ für Studierende der HM, ZM, Biologie zu verschiedenen Themen
  • Seminare „Physiologie und physikalische Grundlagen der Medizin“ für Studierende der HM zu verschiedenen Themen

Lehre des Zentrums Physiologie